Der unliebsame Onkel aus Amerika

APA/AFP/ISABEL INFANTES
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Theresa May und die Briten zählen die Stunden, bis der US-Präsident Donald Trump wieder abreist. Erst muss aber die Queen noch ihre Teatime mit dem Gast überstehen.

Den Briten bleibt wirklich nichts erspart. Erst die endlosen Turbulenzen um den Brexit, dann das jähe Aus der englischen Three Lions im Halbfinale der Fußball-WM gegen Kroatien und nun auch noch der Besuch des unliebsamen „Onkels“ aus Amerika, der sich zwar rein gar nichts aus Fußball macht, sehr wohl aber aus Golf und obendrein ein glühender Verfechter des Brexit ist und ein Freund Boris Johnsons und Nigel Farages, der Anführer der „Brexiteers“.

Einen offiziellen Staatsbesuch Donald Trumps inklusive Kutschenfahrt mit Queen Elizabeth und einer Rede vor dem Parlament konnte das royal-britische Protokoll gerade noch abwenden. Die britischen Gastgeber versuchen den US-Präsidenten möglichst von der Hauptstadt fernzuhalten. Bei einem Bankett im Geburtshaus Winston Churchills, einem Lunch im Landsitz der Premierministerin in Chequers, an der Militärakademie Sandhurst und als krönender Abschluss beim abendlichen Plausch mit der Queen in Windsor Castle bleibt er außer Hör- und Sichtweite der Proteste. Denn in London wollen ihm zehntausende Demonstranten mit einem „Karneval des Widerstands“ und einem Baby-Trump-Ballon über dem Westminister-Regierungsviertel ein großes Spektakel bereiten.

Wo immer Trump auch ist, liegt ein Eklat in der Luft. Premierministerin Theresa May muss seine unerbetenen Kommentare zum Bexit als Affront auffassen. Mit unerbetenen Brexit-Tipps im Murdoch-Blatt "The Sun", mit hämischen Tweets, Anti-Terrortipps und seinen Kontroversen hat Donald Trump den Londoner Bürgermeister und die Briten so aufgebracht, dass im Zuge seines Anti-Muslim-Banns im Vorjahr mehr als eine Million Bürger eine Petition für ein Einreiseverbot Trumps unterzeichneten. Und so werden die Engländer insgeheim froh sein, wenn sich der Präsident heute am späten Nachmittag zu seinem Golfklub Turnberry nach Schottland aufmacht. Der Problemfall aus Washington – abgeschoben nördlich des Hadrianwalls.

Allerdings haben die Schotten womöglich noch weniger Freude mit dem Gast. Denn das Faible Trumps für Schottland, dem Geburtsland seiner Mutter, beruht keineswegs auf Gegenliebe. Mit seinen Golfplatzprojekten hatte der Immobilientycoon die knorrigen Einwohner auf die Barrikaden getrieben. Just in Schottland, wo die EU-Befürworter klar das Sagen haben, sprach sich Trump zumal pünktlich zum Brexit-Votums vor zwei Jahren dezidiert für die Abspaltung des Vereinigten Königreichs von Europa aus. Die Schotten sehnen die Abreise des US-Präsidenten am Sonntagnachmittag herbei, der sich zuvor bei ein paar Golfrunden für sein Treffen mit Wladimir Putin in Helsinki einschlagen wollte. Die „special relationship“ zwischen Großbritannien und den USA ist eben längst nicht mehr das, was sie zu Zeiten von Churchill/Roosevelt, Thatcher/Reagan oder Bush/Blair einmal war.

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