Nicht ganz dicht!

Die Wiener Hauptbibliothek, die vor rund 15 Jahren eröffnet wurde, ist ein architektonisches Vorzeigeprojekt – aber sie ist nicht ganz dicht.
Die Wiener Hauptbibliothek, die vor rund 15 Jahren eröffnet wurde, ist ein architektonisches Vorzeigeprojekt – aber sie ist nicht ganz dicht.(c) Clemens Fabry (Presse)
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Es gab Zeiten, da galt als Leitsatz: „Form follows function“.

Für die jüngeren unter uns:  Früher wurde Dinge entwickelt, die manchmal zwar unfassbar hässlich waren. Aber sie funktionierten, hielten nahezu ewig und waren dazu auch noch praktisch.

In der (nennen wir es) iPhone-Ära ist Design alles – was grundsätzlich nicht schlecht ist. Allerdings neigen Design-Sachen gelegentlich zu gewisse Schwächen. Das iPhone war einmal zu biegsam, dann war die Telefonverbindung (zu) schwach zum Telefonieren, sobald man es in die Hand nahm (wobei es selbst beim nicht-funktionieren immer großartig aussah). In Designer-Hotels dagegen ruft man gerne die Rezeption an, um zu fragen, wie man den optisch beeindruckenden Wasserhahn denn aufdrehen kann. Und die Wiener Hauptbibliothek, ein architektonisch und technisches Design-Meisterwerk, das vor 15 Jahren schwebend über den Gleisen der U6 errichtet wurde, ist nicht ganz dicht.

Eine verstopfte Dachrinne sorgte dafür, dass nach heftigen Regenfällen Wasser ins Innere der mehrstöckigen Hauptbibliothek eindrang. Ein defekter Geschirrspüler, detto. Dann gibt's halt Schimmel, wie Häuslbauer wissen.

Dass die Klimaanlage ausfällt, kann auch passieren. Und jetzt wird die 2000 Quadratmeter große Dachterrasse untersucht - weil sowieso nicht ganz dicht. Das klingt irgendwie nach Roland Düringers „Hinterholz 8“. Aber genau das macht das architektonische Vorzeigeprojekt am Gürtel wieder irgendwie sympathisch:  Der 28-Millionen-Euro-Designer-Bau hat dieselben Probleme wie das Kleingartenhaus von ganz gewöhnliche Menschen.

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