Was ist mit Paaren? Sollen Sie auf die Frage „Wie geht’s?“ wahrheitsgemäß erwidern: „Danke, blendend, ich hab heut endlich die Scheidung eingereicht.“
„Wie geht’s?“, die jederzeit gern gestellte Frage. In diesen Tagen provoziert sie vor allem Geraunze über die Wärme. Das kommt wie das Amen im Gebet bzw. wie das Gejammer über die Kälte im Jänner. Es ist immer wieder erstaunlich wie kurz unser Gedächtnis ist. Im August ist es warm, im Februar kalt – und doch schaffen wir es, uns jedes Jahr darüber zu ereifern. Und mancher seufzt noch hinten nach: „Ein Wahnsinn, der Klimawandel!“
Auf „Wie geht’s?“ produzieren wir die heitersten Plattitüden, die oft dazu dienen, sich herauszureden. Denn natürlich erwartet niemand eine ehrliche Antwort. Weder der Doktor noch der neue Freund aus dem Internet. Soll man dem Arzt gestehen, dass der Knöchel vom Bänderriss letztes Jahr noch immer manchmal schmerzt? Oder soll man der neuen „Flamme“ von der Partnerbörse verraten, dass einem nach dem x-ten Eroberungsversuch gerade übel zumute ist, weil man unter Torschlusspanik leidet? Bloß nicht! Und was ist mit Paaren? Sollen Sie auf die Frage „Wie geht’s?“ wahrheitsgemäß erwidern: „Danke, blendend, ich hab heut endlich die Scheidung eingereicht.“
Ein Vorbild ist hier wieder einmal der Engländer, der ja nicht nur aus Brexit-Blödheit, sondern auch aus Lebensart besteht, die sich bereits in der Sprache manifestiert. Der Brite weiß, dass auf die Frage „Wie geht’s?“ keine Antwort zu geben ist. Auf „How do You do?“ erfolgt prompt die Replik: „Fine!“ Und selbst bei „How are You?“ ist es nicht ratsam seine Vita zu detaillieren. Wir leben ja überhaupt in Zeiten, da viele lieber über sich selbst sprechen als zuzuhören. Und Hand aufs Herz, diese „Konfessionitis“ hat auch was Schrilles, ob sie im Reality-TV- passiert oder auf der Party. Wer versteht sich noch auf geistreiche Konversation?
Hier einige einfache Vorschläge - wie man auf die viel gestellte Frage reagieren könnte. „Wie geht’s?“ „Ich arbeite daran“, weckt manchmal Überraschung. Schon etwas abgebraucht: „Immer wie die andern wollen!“ Oder: „Frag mich was Leichteres!“ Ganz einfach: „Prächtig!“ Weckt Neid. Die Routine-Frage „Wie geht’s?“ scheint in diesen Zeiten ähnlich entbehrlich wie die Frage an den ausländischen Taxi-Chauffeur, der fast perfekt Deutsch spricht: „Woher kommen Sie? Seit wann sind Sie in Österreich“. Die meisten sind inzwischen gewitzt und antworten: „Ich lebe seit 30 Jahren hier. Damals war alles besser, aber heute!“ So einer kennt seine Wiener.
Vielleicht ist es ratsam, „Wie geht’s?“ nur dann zu fragen, wenn man sich wirklich für sein Gegenüber interessiert. Es verhält sich damit wie mit dem Anbieten von Unterstützung. „Brauchst du Hilfe?“, auch so eine Floskel, auf die jeder hofft, dass nicht „Ja!“ die Antwort ist. Daher erwidere man cool - wie es heute gern gesehen wird: „Danke nein, allein ist es schon schwer genug.“