Wohninszenierungen ohne Bücher: Der Ikea-Katalog 2019

Kaum haben wir die Nachrufe auf den legendären Otto-Katalog mit Wehmut hinter uns gebracht, kommt zu Beginn des Herbsts der Trost: Der Ikea-Katalog!

Kaum haben wir die Nachrufe auf den legendären Otto-Katalog mit Wehmut hinter uns gebracht, kommt zu Beginn des Herbsts der Trost: Ikea hat mit seinem Katalog (knapp 300 Seiten!) unsere Briefkästen verstopft wie jedes Jahr. Ein Hoch dem schwedischen Möbelgiganten! Man hat im Laufe von Jahrzehnten doch eine gewisse Bindung an den Katalog entwickelt, auch wenn man schon seit etlichen Jahren keinen Inbusschlüssel mehr in der Hand hatte. So schaut man sich als Großstadt-Öko diese Wohnungen, die den Anschein erwecken, unbedingt entrümpelt werden zu müssen, doch gerne an. 

Ikea setzt weiterhin auf das gedruckte Papier. Das rührt schon einmal, durchblätterbare digitale Kataloge gibt es ohnehin genug im Netz. Dazu kommt die zur Herbststimmung passende romantische Ausrichtung, mit Pastellfarben, natürlichen Materialien, Samt. Und (erstmals?) auch mit Haustieren, ein vornehm schauender Windhund auf Seite 99 zum Beispiel.

Alles wie gewohnt sehr nett und stylish also. Absicht ist es, Geschichten über Lebenskonzepte zu erzählen. Na gut. Natürlich ist das Web auch in der Printausgabe präsent, man merkt es am quadratischen Bildformat, querformatige Bilder auf Doppelseiten sind fast ganz verschwunden, sie lassen sich schwerer ins Netz stellen. Man wollte also einen Katalog wie gemacht für Instagram. 

Gibt es etwas auszusetzen an dem auflagenstarken (angeblich 190 Millionen Exemplare) gedruckten Instagram? Überraschend war, dass sich die deutschen Buchhandelsvertreter von buchreport.de meldeten. Die Branche ist bekanntlich schwer angeschlagen: Buch-Studien werden immer mehr zu Buch-Schwundstudien. Ihre Kritik: Im Gegensatz zu früher fehlen in den unaufgeräumten Raum-Inszenierungen Bücher. Sie sind nur mehr marginal vertreten, früher wimmelte es von Regalen (Billy!) mit bunten Büchern (oder waren es nur Attrappen? Egal, es geht um die Symbolik.) Das einzige Fotomodell im 2019-Katalog, das von Büchern umgeben ist, ist eher eine Anti-Werbung: Der Mann ist eingedöst neben einem Berg von Büchern und wirkt richtig erschlagen. Das gehöre nach buchreport.de „zu den besonderen Gemeinheiten des Art Directors.“ Dass hier nur der Zeitgeist widergespiegelt wird, zeigt ein Blick in ein Jugendzimmer, der durch seine hohe Authentizität besticht: Ein junges Mädchen kuschelt sich in die Couchlehne und starrt auf sein Handy.

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