Braucht es im Tennis überhaupt noch Schiedsrichter?

Mohamed Lahyani
Mohamed Lahyani APA/AFP/KENA BETANCUR
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Jahrzehntelang hatten sie bei knappen Entscheidungen das letzte Wort. Dann kam das Hawk-Eye.

Schiedsrichter Mohamed Lahyani, der bei den US Open dem unmotivierten Nick Kyrgios ins Gewissen redete und dafür vom amerikanischen Tennisverband verwarnt wurde, ist ein Profi. Er reist um die Welt und "pfeift" mit einer Handvoll Kollegen Spiele in ATP-Turnieren. Natürlich haben die Referees oder Judges, wie sie auf der Tour genannt werden, jede Menge Befugnisse, die jetzt aufzuzählen zu weit gehen würde, aber eine Sache sollte man schon wissen. Seit der Einführung der "Challenge" 2006 haben sie bei strittigen Bällen (außer bei Sandplatzturnieren) nicht mehr das letzte Wort. Sie dürfen also das Hawk-Eye, das jeder Spieler pro Satz drei bzw. im Falle eines Tie-Breaks vier Mal in Anspruch nehmen darf, nicht "overrulen". Sie haben zwar noch das Recht, die Linienrichter zu überstimmen, das tun sie aber so gut wie nie. Denn wenn doch, verlangt der Spieler, zu dessen Ungunsten die Entscheidung ausfiel, ohnehin nach dem Hawk-Eye. Und bei ganz heiklen Angelegenheiten haben die Athleten sogar die Möglichkeit, einen Oberschiedsrichter zu rufen, der das Spiel aus dem Hintergrund beobachtet und quasi das allerletzte Wort hat.

Wozu braucht es also noch jemanden, der auf einem Hochstuhl sitzt, nach jedem Punkt den Spielstand verkündet und gegen Ende der Pausen "time" ruft? Damit er die Spieler ermahnen kann, wenn sie sich zwischen den Ballwechseln zu viel Zeit lassen? Dafür gibt es seit kurzem eine Stoppuhr ("Serve Clock"), das liegt nicht mehr im Ermessen des Schiedsrichters. Damit die Spieler für allfällige Anliegen einen Ansprechpartner auf dem Platz haben? Das könnte der nächstsitzende Linienrichter übernehmen, denn – wie gesagt – gibt es für strittige Fälle ohnehin einen Oberschiedsrichter. Vielleicht braucht es ihn ja, damit er als Autoritätsperson auf Spieler zugehen kann, sollte es ein Problem geben. Falls einer, sagen wir, keine Lust mehr hat, den Ball absichtlich ins Netz spielt und vom Publikum schon ausgebuht wird. Er könnte ihn beispielsweise auf die Bedeutung eines Grand-Slam-Turniers sowie seine Rolle als Vorbild für Jugendliche hinweisen und ihn auffordern, sich am Riemen zu reißen. Oh, stimmt ja. Das darf er nicht.

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