Ist der Papst allein zu Haus? Allein, wenn es darum geht, tief gehende, an die Wurzel reichende, eben radikale Reformen umzusetzen - um auf sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche angemessen zu reagieren. Endlich.
Wir wollen nicht kleinlich sein. Natürlich sind die dreieinhalb Tage für die heute beginnende Großkonferenz im Vatikan zum Thema Missbrauch mickrig. Aber die Tage werden das Pontifikat Franziskus entscheiden. Wann, wenn nicht jetzt, müssten so halb und halb angedeutete Strukturreformen der katholischen Kirche auch verordnet werden. Notfalls von oben herab. Und um einen derartigen Notfall handelt es sich bei den Fällen von Missbrauch, von (sexueller) Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mit Priestern als Tätern allemal.
Änderungen, die auch vor Kompetenzbeschneidungen von Bischöfen nicht Halt machen, die dem Kirchenvolk, den Laien mehr Rechte und Möglichkeiten bei der Kontrolle von Klerikern und Berufungsmöglichkeiten geben, sind ein Gebot der Stunde. Natürlich, Papst Franziskus steht unter innerkirchlichem Druck wie keiner seiner Vorgänger der vergangenen Jahrzehnte (zumindest). Er muss sich auch gegen Kardinal Müller, den in die Pension geschickten Chef der Glaubenskongregation durchsetzen, der alle Reformen ablehnt und sich als eine Art deutscher Gegen-Papst geriert. Werden auch diesmal die Augen verschlossen und folgen keine Taten, muss Papst Franziskus mit seiner Agenda als gescheitert angesehen werden.
Wie vollkommen verquer und gesellschaftlichen Selbstverständlichkeiten auf schon provokante Art diametral entgegenstehend mittlerweile die Struktur der katholischen Kirche ist, zeigen zwei Zahlen. 190 offizielle Mitglieder führt der Vatikan bei der Missbrauchskonferenz an. Darunter befinden sich auch Frauen - zehn. Das entspricht dem atemberaubenden Anteil von fünf Prozent.