Da sagt man, dass Satire alles darf - und distanziert sich dann doch lieber davon. Der ORF agiert derzeit hochnervös.
Die Stimme von ORF-Moderatorin Clarissa Stadler hat einen schönen und ironischen Grundton. Deshalb dachte vielleicht auch so mancher Zuseher des "Kulturmontag", dass sie nicht ganz ernst meinte, was sie direkt im Anschluss an das Interview ihres Kollegen mit dem deutschen Satiriker Jan Böhmermann sagte: "Der ORF distanziert sich von den provokanten und politischen Aussagen Böhmermanns. Aber wie Sie wissen, darf Satire alles und der öffentlich-rechtliche Rundfunk künstlerische Meinung wiedergeben."
Ist die Sache mit dem Dürfen wirklich so? Ganz sicher sind sich die Sendungsmacher offenbar nicht, sonst müssten sie sich ja nicht distanzieren. Hier kann man sehen, wie nervös die Verantwortlichen nach den Angriffen der vergangenen Wochen und Monate sind. Dabei würde man annehmen, dass jedem klar ist: Das, was jemand in einem Interview sagt, ist dessen Meinung. Und nicht die des Interviewers oder des Senders. Man kann ja trefflich über Fragen streiten. Aber sich von den Antworten distanzieren?
Nun hat jedenfalls der ORF, der Beschwerden der FPÖ vor der Medienbehörde vermeiden will, seinen Spielraum recht eng definiert. Man geht "bei Äußerungen von Dritten von Rechtsverletzungen aus, wenn sich der ORF mit unsachlichen Äußerungen in seiner Moderation identifiziert oder sich von diesen nicht distanziert hat", erfährt man vom Küniglberg.
Die Identifizierung wird da, so kann man das verstehen, mit einer nicht erfolgten Distanzierung gleichgesetzt. Was ist die Folge? Im Prinzip müsste man sich von jedem Interview distanzieren, das im Fernsehen oder Radio abgespielt wird. In Brennpunktschulen herrschen untragbare Zustände? Wir distanzieren uns. Orban nennt die EU undemokratisch? Wir distanzieren uns. Die FPÖ kritisiert die SPÖ? Die Neos die ÖVP? Man könnte unten im Bild ja auch einen Satz einblenden: Wir distanzieren uns von allem, was irgendjemand nicht gefallen könnte. Ist das dann ein neutraler Standpunkt?