Manche sind souveräner als andere

Moskau reagiert im Konflikt mit Georgien nach Kolonialherrenart – und tut sich damit selbst nichts Gutes.

In Georgien demonstrieren Bürger seit Tagen gegen die eigene Regierung, die einen Kreml-nahen Politiker prominent im Parlament auftreten ließ. In einem Land, das 20 Prozent seines Territoriums an Separatisten und deren russische Unterstützer verloren hat, ist das eben Anlass für internen Knatsch.

Was macht der Kreml im Gegenzug? Er verbietet den Flugverkehr zwischen Russland und Georgien ab 8. Juli. Dass es dabei irgendwie um die Sicherheit russischer Bürger geht, glaubt natürlich niemand. Es ist eine Strafaktion für Georgien, das aus Wladimir Putins Sicht gemaßregelt werden muss.

Moskaus vorgebrachte Empörung über angebliche georgische „Russophobie“ kratzt nur an der Oberfläche. Putins Reaktion im aktuellen Fall illustriert, wie er über seine Nachbarn im postsowjetischen Raum denkt: Sie sind für ihn keine eigenständigen Subjekte, sondern Objekte, die zu gehorchen haben. Manche sind in den Augen des Kreml eben souveräner als andere, und Staaten wie die Ukraine, Belarus, Armenien, die Republik Moldau oder Georgien gehören eben nicht zur erlauchten Gruppe.

Mit dieser, an einen wütenden Kolonialherren erinnernden Reaktion tut sich der Kreml auf längere Sicht nichts Gutes. Schrumpfen werden die verbliebenen Sympathien der Georgier für die Russen. Moskau macht sich als Handelspartner unbeliebt. Die Blockadepolitik wird dazu führen, dass sich der georgische Tourismus letztendlich anderweitig orientieren wird – hin zu offenen Märkten, weg von unvorhersehbaren Mächten.

In einem Konflikt gibt es stets mehrere Optionen: Russland hätte protestieren, einen Botschafter einbestellen, seinen Bürgern im Ausland besten Schutz garantieren können, etc. Aber nein, der Kreml-Herr greift zum alten Muster. Trotz furchterregender Geste wirkt Moskau alles andere als souverän.

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