Die neuen besten Freunde der Präsidentin

Dafür, dass sie nur mit hauchdünner Mehrheit Vorsitzende der EU-Kommission wurde, hat Ursula von der Leyen plötzlich bemerkenswert viele Unterstützer. Kein Wunder: jeder will nun etwas von ihr.

Nur aufgerundete 51 Prozent der Europaabgeordneten stimmten am Dienstagabend in Straßburg dafür, dass Ursula von der Leyen Präsidentin der Europäischen Kommission wird. Das ist das schwächste Ergebnis seit Jacques Santers Wahl vor genau 25 Jahren

Doch seltsam: kaum war dieses hauchdünne Ergebnis verkündet (nur neun Stimmen über der erforderlichen absoluten Mehrheit), da meldeten sich schon unzählige selbsternannte treue Unterstützer. Ein paar Beispiele gefällig? „Manfred Weber wollte nicht mit den Stimmen der Fidesz Kommissionspräsident werden, aber von der Leyen wurde es, und jetzt gratulieren wir ihr gemeinsam", erklärte die neue ungarische Justizministerin Judit Varga. „Ohne die Stimmen der PiS wäre von der Leyen nicht Kommissionspräsidentin geworden“, bekundete Krzysztof Szczerski, der Kabinettschef von Polens Präsident Andrzej Duda. „Unsere Gruppe war der Schlüssel für von der Leyens Wahl“, tönte Iratxe García, die spanische Fraktionschefin der Sozialdemokraten.

Erstaunlich: wie ist es angesichts all dieses Zuspruchs von links und rechts möglich, dass von der Leyen fast gescheitert wäre? Ist es nicht vielleicht eher so, dass niemand eine belastbare Aussage darüber treffen kann, wer für sie gestimmt hat? Schließlich war die Wahl geheim. In Wahrheit schlägt nun die Stunde für politischen Spin - und vor allem Fidesz und PiS haben existenzielle Gründe, sich nun als „Retter“ von der Leyens zu inszenieren. Schließlich liegt es in der Hand der neuen Kommissionspräsidentin, wie es mit den Rechtsstaatsverfahren gegen die beiden Regierungen nach Artikel 7 des EU-Vertrages weitergeht - und, nicht minder wichtig: wie der Entwurf für das EU-Budget aussieht, der die Spendierfreudigkeit von Fidesz und PiS ermöglicht.

Will sich die neue Präsidentin von dem Verdacht freispielen, sie verdanke ihr Amt den autoritär geneigten Kräften in Budapest und Warschau, hat sie eine geradlinige Lösung: sie muss die Artikel-7-Verfahren mit aller Konsequenz vorantreiben. Denn wie sagte sie selbst in ihrer Bewerbungsrede im Parlament? „Wenn es um den Rechtsstaat geht, kann es keine Kompromisse geben."

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