Tümpelkröten

Dass es auch hinter den goldenen Saaltüren und den mit Brokat bespannten Wänden der Wiener Hofburg menschelt, ist nur natürlich.

Der ganze Pomp kam dem ersten Bundespräsidenten nach 1945 sehr zupass, denn er war der lässlichen Sünde der Eitelkeit keineswegs abhold: Karl Renner zog aus den hinteren Räumen des Kanzleramtes aus und etablierte sein Büro im Leopoldinischen Trakt. Er konnte nicht ahnen, dass sein Nachfolger, der knorrige Generalstabschef des Ersten Weltkriegs, Theodor Körner, mit alledem wenig anzufangen wusste. Halsstarrig und protokollwidrig war der alte Herr obendrein. Wenn er sich wieder einmal undiplomatisch benommen hatte, schrieb ihm der SPÖ-Vizekanzler Adolf Schärf stets besorgt-kritische Briefe.

Was wieder Körner ägrierte. So notierte er 1951: „Mit Schärf habe ich ein Hühnchen zu pflücken, wegen eines sehr unverschämten Briefes, seit welcher Zeit ich mit ihm (brieflich) nur amtlich verkehre.“ Was seinen Vize-Kabinettsdirektor „Krejsky“ (!) betreffe, so könne er ihn noch nicht so richtig einschätzen. Dieser musste sich übrigens mit dem Kabinettsdirektor ärgern, ein Feind des Parlaments. Wenn ein Empfang für die Mandatare auszurichten war, bekam Kreisky die Weisung, den miesesten Wein auszuschenken, „weil die Herren saufen wie die Tümpelkröten.“ (hws)

Reaktionen an:hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2018)

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