Boris, Teddybär und Riesenbaby

Ein Psychodrama um Boris, den Teddybären und das Riesenbaby, den Entertainer und die Witzfigur.

„Ich will meinen Kuchen, und ich will ihn essen.“ Daraus spricht der Trotz eines Fünfjährigen vor der Geburtstagsparty. Zugeschrieben wird der Satz indes einem, der jüngst seinen 55. Geburtstag gefeiert hat und der den Mund von klein auf nicht vollbekommt. Weltkönig werde er dereinst, verkündete das kleine Krümelmonster in den Swinging Sixties. Zum Vorbild erwählte er sich niemand Geringeren als Winston Churchill, den Nationalheiligen.

Kindern lässt man derlei Flausen durchgehen – aber einem gestandenen Mann wie Boris Johnson, den die Briten, ob sie ihn lieben oder hassen, nur Boris nennen? Alles lief ganz rund für ihn: Wer sollte ihn stoppen auf dem Weg in 10 Downing Street? Bei der Kür der Tories hatte er zuletzt Michael Gove, seinen Oxford-Kumpel, späteren Intimfeind und gefährlichsten Rivalen, ausgeschaltet. Die Fraktion hat er hinter sich, und die Mitglieder fliegen auf ihn.

Nur flog er nun aus der Wohnung. Und das alles wegen des mitternächtlichen Gezeters mit der jungen Freundin, des Rotweinflecks auf dem Sofa, des Strafzettels auf dem Auto. Ein Psychodrama um Boris, den Teddybären und das Riesenbaby, den Entertainer und die Witzfigur. Wer die Tories wähle, erhöhe die Chancen auf größere Brüste und einen BMW, versprach er einst. Verzeihen ihm die Briten? Und wer gibt ihm jetzt bloß die Quietschente? (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2019)

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