Quergeschrieben

Statt über Studien streiten einfach hinschauen und zuhören

Die Probleme der mangelnden Integration durch das Bildungssystem sind längst offenkundig, die nötigen Maßnahmen wären es auch.

Es bedarf keiner Studien, schon gar keiner frisierten und umstrittenen, um die Probleme zu erkennen. Man muss nur mit Hausverstand hinschauen und zuhören. Um die Probleme mit islamischen Kindergärten in Wien zu lokalisieren, genügen einfache Befragungen der Schuldirektorinnen der Volksschulen in den Bezirken und Grätzeln mit 90 Prozent und mehr Kindern nicht deutscher Muttersprache.

Eine Direktorin aus dem Migrantenbezirk Ottakring zum Beispiel, die jüngst im „Kurier“ über ihre einschlägigen Erfahrungen berichtet hat. Sie kennt die Kindergärten genau, aus denen „Kinder komplett ungefördert“ an ihre Schule kommen. Kaum Deutschkenntnisse, unfähig, einen Stift zu halten oder auch nur beim Klobesuch die Hose aufzumachen. Ihre Eltern interessiert nur, dass die Kindergärten halal sind, also allen islamischen Vorschriften entsprechen.

Es bedarf keiner Studien: Um das Ausmaß des programmierten Scheiterns solcher Kinder in der Volksschule zu ermessen, müsste man nur intensive Gespräche mit den Lehrern an den NMS in den Problemgrätzeln führen.

Vier engagierte Lehrerinnen und ein Lehrer einer Wiener NMS schilderten im „Falter“ ihre alltäglichen Erfahrungen. Darunter das Aviso einer Volksschullehrerin, es kämen aus ihrer Abschlussklasse mehrere „444er“ an diese NMS. Übersetzt aus dem Schuljargon: Kinder mit der Note 4 in Deutsch, Mathematik und Sachunterricht im Abschlusszeugnis nach der vierten Klasse Volksschule. „Solche Kinder kommen zu uns. Sie können nicht gut lesen und schreiben und kaum rechnen.“ Und es schaffen auch die überforderten und unterförderten NMS vielfach nicht, diese Bildungsrückstände in ihren Klassen mit teilweise hundertprozentigem Migrantenanteil aufzuholen. Jeder fünfte Schulabgänger kann österreichweit nicht sinnerfassend lesen oder ausreichend rechnen. Jeder zweite Pflichtschulabgänger in Wien erreicht nicht einmal die niedrigste Stufe der internationalen Bildungsstandards.

Es bedarf keiner Studien: Man müsste etwa nur das schon vor drei Jahren erschienene Buch der früheren Wiener AHS-Schuldirektorin und vielfach ausgezeichneten Bildungsreformerin Heidi Schrodt lesen: „Sehr gut oder Nicht genügend.“ Aus eigenen Erfahrungen und aufgrund penibler Recherchen beschreibt Schrodt das jahrzehntelange Versagen der Integration in den Schulen und in der Bildungspolitik in der Migrationshauptstadt Wien. Das Ergebnis fasst dort der Salzburger Bildungswissenschaftler Günter Haider zusammen: Kinder aus nicht deutschen Familien kommen mit Defiziten in das Bildungssystem. Statt in Kindergarten und Schulen aufzuholen, fallen sie im Vergleich zu Einheimischen weiter zurück.

Es bedarf keiner Studien: Man müsste sich nur ansehen, mit welchen Maßnahmen andere Länder wie Holland oder Schweden erfolgreiche Integration im Bildungssystem schaffen. Dort kommen die Kinder großteils schon mit drei, spätestens mit vier Jahren in deutlich besser ausgestattete und geführte Kindergärten und steigen damit ins Bildungssystem ein. Ganztagsschulen sind selbstverständlich.

Damit werden zwei Hauptprobleme unseres Systems vermieden: Die Kinder sind nicht von der Hilfe der Eltern abhängig, die im Migrantenmilieu meist dazu gar nicht fähig sind. Und sie kippen nicht schon jeden Mittag zurück in das familiäre, gesellschaftliche und sprachliche Umfeld ihrer Parallelwelt.

Es bedarf keiner Studien: Man muss nur die Sozialstatistiken ansehen. Zu viele Migranten sind deutlich weniger gebildet, daher in schlechteren Jobs, viel häufiger arbeitslos und armutsgefährdet oder manifest arm, vielfach dauerabhängig vom Sozialstaat. Dass dabei die Austrotürken noch deutlich schlechter als alle anderen Nationalitäten abschneiden, obwohl sie oft seit Jahrzehnten und schon in der Generation erwachsener Enkel im Land sind, ist der stärkste Beweis für das Versagen der Integration via Bildung.

Es bedarf keiner Studien für die Erkenntnis: Wir haben ein Riesenproblem.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Peter Rabl arbeitete über Jahrzehnte als Journalist, Kommentator, Präsentator und Manager in Tageszeitungen, Magazinen und im ORF-TV. Vor seiner Pensionierung war er langjähriger Herausgeber des „Kurier“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2017)

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