Die mit den Flügeln schlagen: Eurofighter-Lärm vernichtet Strategie

Von der Wehrpflicht-Volksbefragung im Jänner ist kaum mehr etwas zu hören. Die Abfangjäger-Diskussion kommt SPÖ und ÖVP ungelegen – so wie Reinhold Mitterlehner seine Überzeugung 2007.

Blöd gelaufen, könnte man umgangssprachlich sagen. Die zeitliche Nähe zwischen dem wieder aufgeflammten Verdacht, bei der Beschaffung der Eurofighter sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen, und der für 20. Jänner angesetzten Volksbefragung zur Wehrpflicht muss für die Regierung ärgerlich sein.

SPÖ und ÖVP haben zwar nicht vor, mit besonderem Engagement vor dieser ersten bundesweiten Volksbefragung für ihre jeweilige Position zu werben. Jetzt aber wird ihnen das Thema Landesverteidigung doch stärker aufgezwungen, als ihnen vielleicht lieb ist. Kampagnen, für die man so kurz vor der nächsten Nationalratswahl sowieso kein Geld aufwenden will, werden von weiteren Enthüllungen über eventuelle Schmiergeldzahlungen überdeckt werden.

Die SPÖ gibt die Berufsheer-Sache verloren, das entnimmt man wenigstens ihrem Schweigen zur Volksbefragung und den Aussagen der Grazer SPÖ-Vorsitzenden Martina Schröck im „Presse“-Interview. Sie wird sich leichter tun.

Härter trifft die jüngste Entwicklung die ÖVP. Dort hat man sich offenbar schon darauf eingestellt, mit der Wehrpflicht-Befragung dem Koalitionspartner SPÖ eine empfindliche Niederlage verpassen zu können. Da kann man weitere Korruptionsfälle aus der schwarz-blauen Ära so gar nicht brauchen. Statt vor den Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol und wahrscheinlich auch Kärnten im März mit der Durchsetzung der Wehrpflicht die SPÖ verunsichern zu können, wird die ÖVP in Sachen Abfangjäger aus der Defensive nicht herauskommen. Wenn schon Eurofighter-Hersteller EADS nun „die internen Abläufe der Korruptionsbekämpfung“ extern überprüfen lässt und Vorstandsvorsitzender Tom Enders die Vorwürfe „sehr ernst“ nimmt, dann wird sich der Bestechungsverdacht nicht vom Tisch wischen lassen.

Hinzu kommt noch in der ÖVP, dass im Schatten der Eurofighter-Flügel intern schon wieder ein Obmannspiel abläuft. Dieses entbehrt allerdings nicht – als wär's ein Stück von Österreich – einer gewissen Komik.

Also sprach Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in einem Interview mit „seiner“ Landeszeitung, den „Oberösterreichischen Nachrichten“, von seiner Überzeugung, dass beim Eurofighter-Ankauf 2005 „nicht alles sauber gelaufen ist“. Das ist deshalb interessant, weil Mitterlehner nicht ohne Ambitionen auf die ÖVP-Führung ist, wenn Michael Spindelegger an seiner ÖVP und seinem Realitätsverlust scheitern sollte.

Es handelt sich dabei nämlich um eine späte Erkenntnis des jetzigen Wirtschaftsministers. Vor fünf Jahren, als die wieder erstandene rot-schwarze Koalition den 2006 von Rot, Blau und Grün eingesetzten Eurofighter-Untersuchungsausschuss brutal abdrehte, war Mitterlehner als Ausschussmitglied noch vom Gegenteil überzeugt.

Im Minderheitsbericht der ÖVP, der seine Unterschrift trägt, heißt es unter anderem: „Der Vorwurf, es könnte sich bei angerechneten Gegengeschäften um Scheingeschäfte gehandelt haben, konnte widerlegt werden.“ Da war alles noch supersauber, Bestechung wurde glatt verneint.

In Wahrheit müsste es sofort eine neue Eurofighter-Untersuchung geben. Das „Team Stronach“ könnte sie doch verlangen. Blöd nur, dass Franks Firma Magna bei den Gegengeschäften jetzt auch im Gerede ist.


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Zur Autorin:

Anneliese Rohrer
ist Journalistin in Wien: Reality Check http://diepresse. com/blog/rohrer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)

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