Warum Strache und die FPÖ den Medien zu Dank verpflichtet sind

Die aktuelle Erregung über mögliche illegale Parteienfinanzierung gibt den Freiheitlichen nur wieder Gelegenheit, Haiders Opfermethode anzuwenden.

Es gibt Gespräche mit Politikern, die tauchen in der Erinnerung immer wieder auf. Meist aus gegebenen Anlass wie eben jetzt. Eine solche Unterhaltung mit Jörg Haider fand im Herbst 1991 statt. Im Juni war Haider als Kärntner Landeshauptmann abgewählt worden, im Herbst als Klubobmann ins Parlament zurückgekehrt. Da schrieb er (oder irgendjemand in der FPÖ in seinem Namen) einen Brief mit eindeutig einschüchterndem Inhalt.

Die Sache erforderte Klärung. Sie war wenig überraschend von einem Mitleid heischenden FPÖ-Chef nicht zu bekommen. Er wolle, so Haider damals, von den Medien ja nur so behandelt werden wie alle anderen. Den Hinweis, ein Ende der Angriffe auf ihn wäre das Schlimmste, was Medien ihm antun könnten, weil er in der Rolle des Opfers politisch am meisten reüssieren könne – diesen Hinweis ließ er sofort gelten. Den Mund zu dem bekannten schiefen zynischen Lächeln verziehend, antwortete er: „Eh, ist ein altes Feldherrenprinzip.“ Nun sind wir wieder so weit – und in der FPÖ bei Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl gelandet.

Mit der gleichen Verve und Bereitschaft, der FPÖ und ihrem Obmann etwas „anzuhängen“ wie unter Haider stürzen sich SPÖ, Grüne und Medien auf den möglichen Korruptionsfall Ideenschmiede und illegale Parteienfinanzierung. Jetzt ist es halt ein Koffer mit Geld, bei Jörg Haider war es unter anderen ein Kuvert mit Geld, angeblich vom Industriellen Turnauer. Wie damals so schwingt in der Aufregung auch jetzt die Hoffnung mit, endlich die „rauchende Pistole“ gefunden zu haben, mit der man den weiteren Aufstieg der FPÖ verhindern könne.

So hat es unter Haider schon nicht funktioniert, so wird es auch jetzt als Wahlbremse für Wien und Oberösterreich im Herbst nicht funktionieren. Erstens, weil Skandale noch nie für Wählerstrafaktionen in Österreich ausgereicht haben (siehe Bawag-Skandal und SPÖ-Sieg 2006); zweitens und vor allem, weil sich Österreichs Wähler mehrheitlich von Korruptionsvorwürfen nicht erschüttern lassen. Warum? Weil sie Parteien und Politiker ohnehin für korrupt halten. Illegale Geldflüsse? Überhöhte Rechnungen? Bargeld für die FPÖ? Alles schon da gewesen. Um ja nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich müssen die Vorgänge in Kärnten und die Verbindungen zur Bundespartei genau untersucht werden. Aber die freudige Erregung der Gegner, der FPÖ schaden zu können, ist nicht nur entlarvend, sondern vor allem kontraproduktiv.

Strache & Kickl sind nämlich so etwas wie Haider für Schlichte. Sie wissen genau, was bei ihm funktioniert hat, und kopieren es. Statt „Er“ (namenloser Haider) jetzt der „Einzige“ (namenloser Strache); statt der Drohung gegen die „Redaktionsstuben“ (Haider), der Zweifel an der „Pressefreiheit“ (Kickl aktuell).

Und sie wissen wie Haider, dass die Möglichkeit, sich und die Partei als Opfer zu präsentieren, wahltaktisch ein Geschenk der anderen Parteien und der Medien ist. Je heftiger die Angriffe auf der moralischen Ebene, desto besser für das Opfergetue.

Von der moralisch-ethischen Seite her hat sich in Österreich noch nie eine Wahl beeinflussen lassen (siehe Haider). Deshalb ist es verwunderlich, dass sich auch jetzt SPÖ, Grüne, Neos und Medien nicht jenen Politikfeldern widmen, auf denen die Auseinandersetzung mit der FPÖ zu suchen wäre.

Man müsste die FPÖ politisch herausfordern, ihre ganz konkreten Vorstellungen zu Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum, Pensionen, Pflege, Bildung, Wissenschaft und was der Zukunftsthemen mehr sind darzulegen. Schließlich sieht sich die FPÖ auch als „einzige Zukunftspartei“. So könnte man sie inhaltlich, intellektuell und politisch bloßstellen. Stattdessen greift man zu Methoden, die schon einmal von der FPÖ zu ihrem Vorteil genutzt wurden. Die Justiz soll klären, ob Steuerzahler per Korruption geschädigt wurden. Die Politik soll eine Klärung der blauen Inhalte erzwingen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2015)

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