Klimakatastrophe abgesagt – aber niemand will es wahrhaben

Eine Ernüchterung vom Klimawandelwahn ist angesagt. Denn Europa ist mit einem echten Problem konfrontiert, von dem niemand weiß, ob wir es lösen können.

Giftiger noch als Arsen, so empfinden viele das in Wirklichkeit harmlose Kohlendioxid, das die meisten nur in der Abkürzung CO2 kennen. Manche wissen gar nicht, dass sie es in Wasser gelöster Form zu sich nehmen, wenn sie sprudelndes Mineralwasser trinken – sie brauchen es auch gar nicht zu wissen, denn es ist unschädlich. Es ist sogar ein lebenswichtiger Bestandteil unserer Atmosphäre. Denn die Pflanzen benötigen den im CO2 enthaltenen Kohlenstoff und Sauerstoff zum Aufbau der körpereigenen organischen Verbindungen.

Aber, so sagt man, es schade dem Klima, es verantworte den Treibhauseffekt, es ließe das Eis der Polkappen und die hochalpinen Gletscher verschwinden, es erhöhe die Spiegel der Meere und Ozeane, versenke damit Inseln und Hafenstädte, es sorge für Dürre, Hungerkatastrophen und Leid in den heißen Regionen der Erde. Der Teufel selbst, so scheint es, drohe in der modernen Verkleidung der chemischen Formel CO2. Und wir wissen, wer die düstere Apokalypse der Gegenwart von den Dächern kündet: der Weltklimarat IPCC, der Intergovernmental Panel on Climate Change.

Was soll man da von dem Artikel „Rethinking the Lower Bound on Aerosol Radiative Forcing“ von Professor Björn Stevens, einem Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, halten, der im „Journal of Climate“ der American Meteorological Society erschien, worin aufgrund der Wirkung der Aerosole (das sind Staubteilchen oder feine Nebeltropfen in der Luft) die vorhergesagte Erhöhung der mittleren Temperatur um mindestens zwei Grad nicht zu befürchten ist?

Der ehemalige Hamburger Umweltsenator und langjährige Manager der grünen RWE-Tochter Innogy, Professor Fritz Vahrenholt, folgert daraus überzeugend: „Wir hätten sogar in der Logik des IPCC – die wir ausdrücklich nicht teilen, da sie die natürlichen Einflüsse von Sonne und den atlantischen Oszillationen nicht berücksichtigt – keinen Handlungsbedarf zu einer Reduktion des Kohlendioxidanstiegs.Schon gar nicht erforderlich wäre eine häufig zu hörende Forderung nach einer 50- oder gar 80-prozentigen Reduktion des CO2-Ausstoßes. Er könnte Jahr für Jahr weiter um etwas mehr als die heutigen zwei ppm pro Jahr steigen. Wir müssten – in der Logik des IPCC – lediglich bis zum Ende des Jahrhunderts sicherstellen, dass CO2 nicht 600 ppm übersteigt – das Doppelte des Wertes von 1900. Das ist aber technologisch wie auch wirtschaftlich völlig unproblematisch zu erreichen.“Mit anderen Worten: Die Klimakatastrophe ist abgesagt.

Aber kaum jemand wird dieser guten Nachricht Glauben schenken. Was soll die Expertise Einzelner gegen den gewaltigen Meinungsdruck eines Weltklimarates ausrichten? Und der will buchstäblich auf Teufel komm raus die Klimakatastrophe nach wie vor – ja emphatischer denn je – als Menetekel an die Wand malen.

Der Grund dafür ist offensichtlich: Klimawandel ist ein risikoloses – wer wird eine Klima-Kassandra in hundert Jahren zur Rechenschaft ziehen? – und außerordentlich profitables Geschäft geworden.

Ein Geschäft mit allen dazu passenden Annehmlichkeiten wie dem Kongresstourismus: Im Dezember trifft man sich wieder in Paris (kein schlechter Platz mit exquisiten Fünfsternehotels und Dreihaubenrestaurants), mimt den besorgten Blick auf das nahe Weltenende, lässt die auf Horrormeldungen wie mit dem Pawlow'schen Reflex reagierenden Journalisten von der Leine und produziert symbolisch mehr heiße Luft, als der CO2-Ausstoß eines Jahrhunderts hervorrufen könnte.

Dabei wäre eine schnelle Ernüchterung vom Klimawandelwahn angesagt. Denn statt dieses Scheinproblems ist unser Kontinent mit einem akuten, echten Problem konfrontiert, von dem niemand weiß, ob wir es zum Wohl der nächsten Generationen lösen können. Wer in dieser Situation mit dem CO2-Alarmismus großes Geld macht, handelt schlimmer als nur verantwortungslos.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Rudolf Taschner
ist Mathematiker

an der TU Wien und betreibt mit seiner Frau und Kollegen der TU Wien das Projekt math.space im Wiener
Museumsquartier. Sein neuestes Buch: „Die Mathematik des Daseins. Eine kurze Geschichte der
Spieltheorie“,
Hanser-Verlag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2015)

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