Quergeschrieben

Wer braucht den Kammer-Schutz? FPÖ-Wähler mehr als alle anderen

Die Partei der „kleinen Leute“ will die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern abschaffen. Das würde zuallererst den Interessen ihrer eigenen Wähler schaden.

Ich persönlich könnte ohne Kammern gut leben. Freie Journalistinnen brauchen – wie Büglerinnen, Maronibrater, Wahrsagerinnen oder Werbetexter – keinen Befähigungsnachweis. Als „neue Selbstständige“ muss ich nicht einmal einen Gewerbeschein lösen, ebenso wenig wie Psychotherapeuten, Künstlerinnen, Aufsichtsräte, Hebammen oder Prostituierte. Obwohl ich also, steuerlich gesehen, Unternehmerin bin, bin ich kein Wirtschaftskammermitglied, zahle keinen Wirtschaftskammerbeitrag und erwarte von dort nicht allzu viel Unterstützung. Ebenso wenig vertritt jedoch die Arbeiterkammer meine Interessen. Selbstständige kommen in deren Universum in erster Linie als bemitleidenswerte, ausgebeutete Scheinselbstständige vor, denen man so rasch wie möglich „richtige“ Arbeit (gleichbedeutend mit einer Fixanstellung) verschaffen müsse.

Für mich ist das ok. Meine Aufträge kommen vom freien Markt, meine Honorare verhandle ich selbst (mal besser, mal schlechter), ich kann es mir leisten, ab und zu Nein zu sagen. Trotz Krise der Medienbranche hält sich meine Angst vor ausländischer Billigkonkurrenz in Grenzen. Die Gefahr, dass diese Kolumne bald von einer automatischen Software, einem Billig-Texter in Bangalore oder von rumänischen Saisonarbeitern geschrieben wird, ist gering. Ich habe eine gute Steuerberaterin. Ich habe finanzielle Reserven. Ich weiß, wo ich mir Rat holen könnte, falls ich in einen rechtlichen Konflikt gerate. Wir brauchen keinen Schutz, wir sind stark genug: So oder so ähnlich denken wohl alle, die mit den Gesetzen des freien Marktes gut fahren – von Didi Mateschitz über die Familie Swarovski bis hin zu allen reichen Erben.

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