Mitleid mit SPÖ und Faymann

Zugegeben, der Titel ist nicht ganz ernst gemeint. Denn Partei und Vorsitzender haben sich selbst ganz ohne Not in eine No-Win-Situation manövriert. Ohne Fortune ist da nicht mehr heraus zu kommen.

Hier ein paar ganz (un)weihnachtliche Binsenweisheiten für die SPÖ, denen sie im Moment nichts entgegen setzen kann.

1.     Mitleid ist für eine politische Partei und ihren Vorsitzenden schwerer zu verkraften als anhaltende Kritik. Denn Mitleid ist die "Endstation Erwartung" in der Politik. Bei Kritik besteht noch die Hoffnung, dass der/die Kritisierte die richtigen Schlüsse daraus zieht und sich das Gesagte vielleicht doch zu Herzen nimmt.

2.     Eine Partei und ihre Vertreter brauchen Fortune, wie Bruno Kreisky immer wieder betonte. Er verstand darunter so etwas wie „einfach einen guten Lauf“ in der Politik, wenn alles irgendwie zusammenpasst und sich in Wahlerfolgen und Popularität niederschlägt. Andere verstehen darunter, Glück, gütiges Schicksal, Vermögen. SPÖ und Werner Faymann fehlt(e) alles zusammen und Besserung ist nicht in Sicht.

3.     Daraus folgt: Was immer im Moment in der SPÖ passiert oder gesagt wird, ist falsch. Seit Nationalratspräsidentin Doris Bures vergangenen Samstag im ORF Mittagsjournal mit ihrer Abwertung von ÖBB-Chef Christian Kern als möglicher Faymann-Ersatz den aktuellen SPÖ-Vorsitzenden mit einer Isolierschicht umgeben wollte, heißt es, die „SPÖ kommt nicht zur Ruhe“ („Presse“-Ausgabe von Dienstag) oder ist in Turbulenzen etc. Hätte Bures geschwiegen oder hätte Faymann am vergangenen SPÖ-Parteitag mehr als knappe 84 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten, wäre jetzt von Kadavergehorsam und Friedhofsruhe die Rede. Auch nicht recht. Das heißt: Was immer in der SPÖ zur Zeit passiert, wird als Schwäche ausgelegt.

4.     Daraus folgt weiter: Ohne Fortune kann in einer politischen Parteien passieren was will, sie ist auf der dunklen Seite der Akzeptanz.

5.     Die SPÖ und Faymann haben dringend einen Imagewechsel notwendig. Wie in der Wirtschaft so auch in der Politik: Wenn sich das Negative an einer Marke über Jahre hinweg in den Köpfen der Konsumenten, sprich in diesem Fall: Wähler, verfestigt hat, ist eine solche Imagekorrektur kurzfristig kaum möglich und mittelfristig nur mit einer mutigen „Change Management“-Strategie. Das gilt übrigens für Rot-Schwarz ganz generell.

Wenn die Firmenleitung so in die Defensive geraten ist wie die SPÖ-Führung zur Zeit, sind die Aussichten auf Erfolg trüb.  Nur ein Beispiel: In Postings als Reaktion auf Berichte und in den sozialen Netzwerken wird Bundeskanzler Faymann häufig nicht beim Namen genannt, sondern nur als „der Taxifahrer“ beschrieben. Das ist nicht freundlich gemeint, aber niemanden scheint es zu stören, dass damit Taxifahrer generell abqualifiziert werden. Auch daran ist Faymann selbst schuld, auch dafür hat die SPÖ-Zentrale keine Gegenstrategie entwickelt: Als eine seiner nicht-parteipolitischen Arbeiten in Jugendtagen gab Faymann Taxifahren an, der Rest blieb vage. Das wirkte als Aufforderung, sich über den Bundeskanzler lustig zu machen.

Es ist faszinierend zu beobachten, wie die SPÖ seit Herbst von einer selbst gegrabenen Grube in die nächste gefallen ist. Faymann selbst und auch die Partei haben sich – mit tatkräftiger Unterstützung einiger Spitzenvertreter – in eine No-Win-Situation manövriert. Das begann mit der Ankündigung der Steuerreform, bei der sie sich die Latte so hoch gelegt haben, dass sie unter den gegebenen Koalitionsbedingungen nicht zu überspringen ist. Und es setzte sich mit den unglückseligen Festlegung auf einen „9er“ für Faymann beim Wahlergebnis am Parteitag fort. Er war ebenfalls nicht zu erreichen. Der SPÖ-Chef kann sich dafür bei seinen „Parteifreunden“ Rudolf Hundstorfer und Michael Häupl bedanken. Und jetzt eben auch bei Doris Bures.

Es wird spannend sein, zu beobachten, ob, wann und wie sich die Sozialdemokraten aus diesen Gruben befreien können. Von fröhlichen Weihnachten sind sie dieses Jahr jedenfalls weit entfernt.

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