Stadtplan: Grazer Verhinderer

In der schönen Stadt Graz kann das Fußballstadion mehr, als Tribüne für hoffentlich spannende Spiele zu sein.

Es leistet zusätzlich Beeindruckendes zum Klimaschutz. Denn es ist reich mit Sonnenkollektoren bestückt und speist so mehr als sechs Monate im Jahr Wärme ins Fernwärmenetz. Deswegen muss in Graz deutlich weniger Gas verfeuert werden, um das Wasser für das Fernwärmenetz zu erwärmen.

Alle profitieren davon: Die Umwelt, Arbeitsplätze in der Steiermark, welche die Sonnenkollektoren herstellen und montieren, sowie unsere Handelsbilanz, denn wir müssen weniger für Gasimporte ausgeben.

Ein tolles Beispiel, auf das nicht nur die Steirer stolz sein sollten. Weniger stolz sollten sie darüber sein, wie diese Geschichte weiterging.

Das Solarunternehmen und das städtische Energieunternehmen gründeten wegen des großen Erfolges ein Tochterunternehmen, das auf den reichlich vorhandenen Grazer Dachflächen weitere Sonnenenergienutzung im beträchtlichen Ausmaß vorsah. Verträge wurden unterzeichnet, die Erfolgsgeschichte schien weiterzugehen.

Bis der Chef des Landesenergieunternehmens, der ESTAG, die 49-%-Eigner des städtischen Unternehmens ist, voll auf die Bremse stieg. Hintergrund: Dieser Herr, er heißt Franz Kailbauer, um den Schuldigen zu benennen, kommt aus dem Gaskraftwerksbau. Dem Erdgas, nicht der Sonnenenergie scheint ungebrochen sein Engagement zu gehören. Mehr Solarenergie heißt weniger Gas. Das scheint ihm nicht zu behagen. Er wandte alle Tricks an, die ihm zur Verfügung standen. Mit Erfolg. Das so verheißungsvoll gestartete Tochterunternehmen realisierte kein einziges Projekt.

Und die Landespolitik? Hier lähmt wiederum Schwarz/Rot. Der schwarze Kailbauer lässt sich vom roten Voves sicher, aber ganz sicher nichts sagen. Besänftigend sei ergänzt, dass dem schwarz-grün regierten Graz diese absurde Blockade extrem unangenehm war und einige andere städtische Solarprojekte stattdessen entwickelt wurden.

Großflächige Solarversorgung, das, was in Graz wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist, blockiert die ESTAG nach wie vor. Das „fossile“ Denken verhindert nach wie vor ungeheuer viel.

Positive Beispiele gehören vor den Vorhang. Als Ermutigung, um zu zeigen, was heute alles möglich ist. Die Verhinderer dürfen aber auch nicht versteckt werden. Besonders, wenn sie an der Spitze von Unternehmen sitzen, die uns allen, in diesem Fall allen Steirern, gehören.

www.chorherr.twoday.net

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2009)

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