Die Popcorn-Dealerin

Mein Mann und ich haben die Feiertage über sehr viel Zeit mit unseren Mädchen verbracht. Und sie haben uns, vielleicht weil ihnen fad war, einiges erzählt.

Vor einem Jahr sind mein Mann und ich über Silvester in Triest gewesen. Zu zweit. Wir haben im Buffet Rosa Sauerkraut gegessen, die Möwen an der Uferpromenade fotografiert und hatten Sex, ohne Angst zu haben, dass die Kinder uns hören. Als wir nach Hause gefahren sind, haben wir eine Wette darüber abgeschlossen, in welchem Zustand wir die Wohnung vorfinden würden. Nur zugemüllt? Verwüstet? Oder ganz zerstört? Nichts dergleichen. Sie war sauber. Blitzblank! Schöner, als wir sie verlassen hatten.

Heuer sind wir die Feiertage über zu Hause geblieben und haben viel Zeit mit den Mädchen verbracht, weshalb ich jetzt weiß, warum ich die Wette damals verloren habe. Es war nämlich so: Die beiden hatten Freunde zu Gast, viele Freunde. Sie haben Pizza gebacken, eine Menge Pizza. Irgendwann hat irgendjemand begonnen, mit Mehl zu werfen. Irgendwie kam noch eine Dose Glitzer ins Spiel. In der Küche und im Wohnzimmer lag nun glitzerndes Mehl verstreut. Die Kinder haben einen ganzen Nachmittag geschrubbt. Immerhin.

Das ist aber nicht alles, was die Kinder uns gebeichtet haben. Marlene hätte letztes Jahr fast eine Rüge von der Schule erhalten, weil sie mit Popcorn gedealt hat. Irgendwelche Eltern hatten der Klasse nämlich eine Mikrowelle spendiert, in der Folge aßen sie eine Menge Popcorn, und irgendjemand hatte die Idee, es in Papiersackerln abzufüllen und an Unterstufler zu verticken. Ein Sackerl für einen Euro, macht einen Gewinn von drei Euro pro Packung. Den Gewinn haben sie dann „investiert“ (Zitat Marlene). Der schwungvolle Handel wurde allerdings rasch entdeckt, weil es im ganzen Schulhaus nach Kino roch.

Die dritte Geschichte, die wir erfahren haben, wirft kein schlechtes Licht auf die Kinder, sondern auf mich. Ich habe ihnen, erzählt Hannah, im Kindergarten ein Buch vorgelesen, in dem ein Mädchen namens Juli mit Hilfe einer Freundin das Toilettenmonster besiegt. Und zwar droht sie dem bösen Monster einfach, ihm auf den Kopf zu scheißen! Offensichtlich fand ich, das sei ein lehrreiches Buch für meine furchtsame Ältere, doch die Sache ging – sorry für das Wortspiel – nach hinten los: Hannah hatte nämlich vor allem Möglichen Angst, etwa vor Kasperlfiguren und dem Nikolaus, vor einem Ungeheuer in der Kinderzimmerlampe und natürlich diversen Monstern unterm Bett. Aber vor dem Klo? Auf die Idee ist sie gar nicht gekommen! Bis zu diesem Buch. In der Folge musste Marlene Hannah zur Toilette begleiten. Ach ja: Das Glas in der Wohnzimmertür haben die Mädchen echt nicht zerschmettert. Wirklich und ehrlich. Ich hätte sie nicht schimpfen sollen.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2019)

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