Mit Federn, Haut und Haar

Exzellenzinitiative Forschung: Auf tönernen Füßen (?)

Keiner Uni geht es hierzulande wirklich gut. Von 2010 bis 2016 unverändert liegt der jährliche Anteil der Hochschulbudgets am BIP bei 1,16% bzw. bei 5,3% der Bundesausgaben.

Minister Heinz Faßmann verkündete gerade seine neue Exzellenzoffensive für die heimische Wissenschaft. Erleichterung und Freude nicht nur bei mir, ob dieser Absicht der Politik, ein gravierendes langjähriges Versäumnis zu korrigieren. Hoffentlich ist damit eine finanzielle Stärkung der Grundlagenforschung gemeint, am besten über den FWF. Denn er verteilt die Mittel für hochkompetitive Spitzenforschung nach klaren Qualitätskriterien, mittels eines strengen Peer Reviewund nach dem Bottom-up-Prinzip.

Letzteres bedeutet, dass es keine Einmischung vonseiten der Politik in die inhaltliche Ausrichtung gibt. Denn bekanntlich ist der Staat nicht nur ein lausiger Unternehmer und Bauherr, er taugt auch nicht als Vormund für die Wissenschaft. Weltweit zeitigten Versuche, in die Forschungsinhalte einzugreifen, bestenfalls Mittelmaß. Das weiß natürlich auch Minister Faßmann. Und er weiß sicherlich, dass jede Exzellenzinitiative auf tönernen Füßen steht, wenn die finanzielle und organisatorische Schieflage der Unis – überwiegend die Träger der heimischen Spitzenforschung – nicht korrigiert wird.

Gerade eben gab die große Uni Wien ihren Leistungsbericht und Entwicklungsplan heraus, beides datenschwangere A4-Wälzer, zusammen etwa eineinhalb Kilogramm geballte Information; eigentlich ein repräsentativer Leidensbericht für die heimischen Unis generell. Die Uni Wien hat 9600 Beschäftigte, davon etwa 6700 wissenschaftliche. Von den 92.000 Studierenden kommen 30% aus dem Ausland. Im Vergleich mit ähnlichen europäischen Unis, etwa München, Uppsala oder Zürich, hat die Uni Wien mit Abstand die meisten Studierenden und Studienabschlüsse, aber das geringste Budget und daher auch die schlechtesten Betreuungsrelationen.

Es grenzt an ein Wunder, dass Wien dennoch mit den drei Vergleichsuniversitäten in der Forschung leidlich mithalten kann. Dies kann unter anderem als Indiz für das heimische Potenzial gelten, und es deutet an, was möglich wäre, würde man endlich die Uni-Finanzierung und die Zahl der Studierenden an die in anderen Ländern üblichen Standards anpassen.

Keiner Uni geht es hierzulande wirklich gut. Von 2010 bis 2016 unverändert liegt der jährliche Anteil der Hochschulbudgets am BIP bei 1,16% bzw. bei 5,3% der Bundesausgaben. Diese Mittel werden zudem ungerecht verteilt. So ist dem Bund ein Studierender der Uni Wien bloß etwa 4500 Euro wert, einer der Uni Linz 6300 Euro und an der Uni Salzburg sogar 8400 Euro.

Unfrieden unter den Unis ist die Folge, wie die jüngsten, von Linz ausgehenden Querelen zeigen. Dabei ist die einfache Lösung lang bekannt: Es braucht mehr Geld, besonders für die Grundfinanzierung der universitären Forschung und Lehre, eine gerechte Verteilung der Mittel über Studienplatzfinanzierung und (endlich!) vernünftige Zugangsbestimmungen. Nur darauf aber kann man langfristig Exzellenzforschung aufbauen.

Dass die autonomen heimischen Unis ihre Hausaufgaben immer besser erledigen, zeigt exemplarisch die Leistung der Uni Wien in Lehre und Forschung – allem Mangel zum Trotz. Könnte aber alles noch viel besser werden, lautet doch die einfache Regel für exzellente Ergebnisse in der Forschung: Kompromisslos die besten Köpfe holen, sie gut materiell und mit geistigem Umfeld ausstatten und sie in Ruhe arbeiten lassen. Ganz einfach, eigentlich.

Kurt Kotrschal ist Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau. E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2018)

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