Einer, der nicht erwachsen sein will

(c) Norbert Rief
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Mit dem Velar füllt Range Rover die Lücke zwischen dem Evoque und dem Sport und macht sich konzernintern Konkurrenz mit dem Jaguar F-Pace. Die Bezeichnung Midsize für den 4,8 Meter langen Velar ist relativ zu sehen.

Wien. Größe ist relativ. In den USA beispielsweise gilt ein SUV mit fünf Metern Länge als Midsize, Fullsize beginnt bei etwa 5,3 Metern. Bei uns dagegen wirkt ein BMW X5 mit 4,89 Metern Länge schon ziemlich ausgewachsen.

Ähnlich ist es, wenn Range Rover das SUV-Midsize-Segment definiert. Ein VW Tiguan hört beispielsweise bei 4,49 Metern auf, der Audi Q5 bringt es auf 4,66 Meter. Mit 4,8 Metern Länge ist der neue Range Rover Velar schon näher bei einem X5 als einem X3.

Der Velar ist insgesamt ein mutiger Schritt von Land Rover bzw. dessen Mutterkonzern, der indischen Tata-Gruppe, der auch Jaguar gehört. Denn mit dem F-Pace (mit dem sich der Velar einiges teilt) bietet man bereits ein sehr attraktives Midsize-SUV an. Außerdem ist der Velar nur um acht Zentimeter kürzer als der Range Rover Sport, dafür aber um etwa 10.000 Euro billiger. Man macht sich also innerhalb des Konzerns doppelte Konkurrenz.

Wobei: Irgendwie haben es die Designer und Techniker geschafft, dass man sich im recht noblen Velar doch nicht ganz so nobel wie in einem Range Rover Sport fühlt.

Eher wie in einem Land Rover Discovery, dem er auch vorn ähnelt. Die LED-Scheinwerfer sind hie wie da extra schmal, die Gürtellinie ist durchgehend, der geprägte Kühlergrill verleiht dem SUV eine eindrucksvolle Präsenz.

Eine nette Spielerei haben sich die Briten bei den Türgriffen einfallen lassen bzw. bei Tesla abgeschaut: Sie verschwinden während der Fahrt und beim Parken, erst wenn man über die Fernbedienung die Tür öffnet, fahren sie aus.

Viel Elektronik

Innen setzt Range Rover auf sehr viel Elektronik. Der Velar verfügt über gleich drei Displays: Zwei Zehn-Zoll-Touchscreens in der Mitte, über die man – unten – die Klimaanlage, die Sitzheizung, das Radio und den Allrad steuert, während das obere Display das Navi oder die Medienauswahl und das Telefon anzeigt.

Da man auch das Stabilitätsprogramm oder die Bergabfahrhilfe mit einem Touch de- bzw. aktiviert, es also keine Schalter mehr gibt, macht das Cockpit insgesamt einen aufgeräumten Eindruck. Schlicht und schön. Allerdings – man kennt es vom Computer – macht so viel Elektronik gern auch Probleme. In unserem Test funktionierte beispielsweise plötzlich der Touchschalter für das ESP und die Bergabfahrhilfe nicht. Ein Neustart löste das Problem.

Länger dauerte es beim 12,3- Zoll-Instrumentendisplay. Zwischen Tempo- und Drehzahlmesser kann man sich Informationen einblenden lassen, etwa die Navigationskarte. Diese verschwand plötzlich, gezeigt wurde nur eine Seitenansicht des Velar. Hübsch, aber nicht sehr informativ. Nach zwei Tagen wurde die Karte plötzlich wieder angezeigt.

Und da wir gerade bei Seltsamem sind. Seltsam ist auch, dass man zwar die Medienauswahl per Sprache steuern kann, nicht aber das Navi. Das sollte in so einem Auto selbstverständlich sein.

Wirklich gute Arbeit haben die Entwickler bei der Geräuschdämmung geleistet. Obwohl der von uns getestete Zwei-Liter-Vierzylinderdiesel mit 240 PS nicht der leiseste ist, vor allem, wenn man das ganze Drehmoment (500 Nm) des Twinscroll-Turbo abruft, war er im Innenraum nie aufdringlich. Die Achtgangautomatik schaltet nahtlos, die Gangwechsel bei Bedienung über Paddle am Lenkrad erfolgen schnell. Der Verbrauch von 8,1 Litern war in Ordnung.

Wie groß Midsize bei Range Rover ist, sieht man beim Kofferraumvolumen. 673 Liter sind in dieser Klasse Rekord.

Auch preislich ist man oben angesiedelt: Der Einstiegspreis liegt bei 61.300 Euro, will man jedoch eine standesgemäße Ausstattung, wären noch einmal gut 20.000 Euro draufzulegen.

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2017)

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