Ein Auto für (erfolgreiche) Hinterbänkler

Angefangen haben die LS-Modelle als Mercedes-Kopie, damit ist es mit dem LS500 augenscheinlich vorbei.
Angefangen haben die LS-Modelle als Mercedes-Kopie, damit ist es mit dem LS500 augenscheinlich vorbei.(c) www.sebastienmauroy.com/Werk
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Neuvorstellung. In der fünften Generation hat Lexus seiner Oberklassenlimousine LS ein radikal neues Design gegeben. Mit japanischer Handwerkskunst und viel Hightech wirbt man um Käufer, die vor allem hinten sitzen werden.

Es sei, meinte M., eigentlich ein peinlicher Name. Lexus – das orientiere sich zu offensichtlich an Luxus. M., der sonst viel Ahnung von Autos hat, liegt falsch: Vectre, Chaparel, Alexis, Calibre waren in den 1980er-Jahren als Name für die Premiummarke von Toyota im Gespräch. Alexis war lange Zeit der Spitzenreiter, am Ende wurde es knapp Lexus.

Womit M. aber recht hat: „Eine Kopie von Mercedes.“ Genau das war 1983 auch der Auftrag von Eiji Toyoda an seine Ingenieure: Sie sollten das beste, modernste, luxuriöseste Auto bauen, und der Maßstab in der Oberklasse waren damals die Stuttgarter. Sechs Jahre später wurde der Lexus LS400 vorgestellt – ein Auto, das in jeder Kategorie mit der deutschen Konkurrenz mithalten konnte, aber um 30.000 Dollar billiger war. Innerhalb von zwei Jahren verkaufte Lexus in den USA mehr Autos als Mercedes.

Edle Materialien und hinten Platz wie in der Businessclass eines Jets – inklusive raffinierter Massagesitze.
Edle Materialien und hinten Platz wie in der Businessclass eines Jets – inklusive raffinierter Massagesitze.(c) Werk

Bei allen Nachfolgemodellen war die S-Klasse von Mercedes das Vorbild, an dem sich Lexus orientierte. Man muss beispielsweise schon knapp auffahren, um einen Lexus LS430 von hinten von einem Mercedes S430 unterscheiden zu können.

Eigenständiges Design

Jetzt kann man viel Abstand halten, denn mit der neuesten, fünften Generation des LS beschreitet Lexus ganz eigene Wege. Der LS500 ist keine Kopie mehr, sondern ein Unikat. Ein schönes noch dazu, das mit seinem Innenleben die japanische Lebensart und Handwerkskunst vermitteln soll. Bei der Türverkleidung kam beispielsweise die traditionelle Origami-Faltkunst zum Einsatz, für die Glasornamente hat man Kiriko-Meister angeheuert. Und wenn man hinten einsteigt – ein Wort: Omotenashi. Es formuliert die japanischen Prinzipien der Gastfreundschaft, die vielschichtig sind, aber eines beinhalten: Man will die Erwartungen des Gastes übertreffen und seine Wünsche erfüllen, bevor sie ihm überhaupt bewusst werden.

Wir wussten beispielsweise bislang nicht, wie angenehm es ist, im Auto hinten zu sitzen. Ein Radstand von 3,12 Metern (bei einer Gesamtlänge von 5,24 Metern) gibt einem Beinfreiheit wie in der Businessclass. Omotenashi haben die Ingenieure und Techniker beispielsweise mit den Fondsitzen realisiert, die sich 22-fach verstellen lassen und eine raffinierte Massagefunktion haben. Nicht irgendeine, Lexus hat sich mit Shiatsu-Experten beraten und Programme entwickelt, die zentripetal oder zentrifugal nicht nur den Rücken, sondern auch die Oberschenkel massieren. Es fehlt nur noch die Halterung fürs Räucherstäbchen.

Wenn wir gerade so angenehm sitzen, die Beine hochgelagert und ideal temperiert dank des Indexmatrixsensors, der zuvor unauffällig unsere Körpertemperatur ermittelt hat, schauen wir uns einen Film an. Natürlich kommt der Lexus mit einem Blu-Ray-Player und einer Surround-Anlage, die manches Lichtspieltheater beschämt. 23 Hochleistungslautsprecher von Mark Levinson machen das Auto zum fahrbaren Heimkino. Da sausen die Kugeln nur so vom stoischen Fahrer aus über unseren Kopf und schlagen hinten im Kofferraum ein.

Raffinierte Glasspielereien in der Türverkleidung.
Raffinierte Glasspielereien in der Türverkleidung.(c) Werk

Es gibt eigentlich keinen guten Grund, hinten auszusteigen, auch wenn es einem massiv erleichtert wird: Der Sitz fährt von der Liege- automatisch in die Standardposition, das Auto hebt sich dank Luftfederung um vier Zentimeter, damit es keine peinlichen Verrenkungen gibt.

Notfalls weicht das Auto aus

Nehmen wir halt auf dem Fahrersitz Platz, wenn es denn sein muss. Die Aussicht ist schon einmal gut. Wir blicken nicht auf banale Analoginstrumente, sondern auf ein hochauflösendes Acht-Zoll-Display und durch die Frontscheibe auf ein farbiges Head-up-Display. Natürlich gibt es jede Menge virtuelle Assistenten: Querverkehrswarner, Spurhalteassistent, Pre-Crash-Safety mit Fußgängerschutz und Lenkunterstützung (notfalls weicht der Lexus, so Platz ist, dem Fußgänger oder einem Hindernis aus).

Wir starten und beschleunigen sanft, wie es sich in dieser Klasse gehört. Zwei Elektromotoren mit 179 PS lassen den LS500 in Kombination mit dem V6-Benziner mit 299PS lautlos über die Straße gleiten (unterstützt auch von der Active Noise Control, die nach dem Prinzip der Bose-Kopfhörer Motoren- und Fahrgeräusche wegfiltert).

Wir drücken das Gaspedal voll durch – und sind ein wenig irritiert: Zwar hat Lexus das im Hybridantrieb obligate CVT-Getriebe auf vier Stufen ausgeweitet und mit einer komplexen Lösung sogar zehn Gänge simuliert. Die Geräuschentwicklung passt aber gar nicht zum Gesamtkonzept des LS500. Anders, als mit Hybrid, wird man ihn bei uns – im Gegensatz zu anderen Märkten – aber nicht bekommen. Also sanft fahren.

Der Lexus LS500h kostet ab 107.000 Euro, für die Topausstattung überweist man 152.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2017)

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