Wenn das Flaggschiff plötzlich den Anker wirft

Ingolstädter Opulenz auf 5,1 Metern Länge (in der Kurzversion): der Audi A8 in Erwartung einer Führungspersönlichkeit.
Ingolstädter Opulenz auf 5,1 Metern Länge (in der Kurzversion): der Audi A8 in Erwartung einer Führungspersönlichkeit.(c) Juergen Skarwan
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Fahrbericht. Zum Roboterauto ist der neue Audi A8 noch nicht berufen – auch wenn er da und dort durchaus mitreden möchte. Trotz der Fülle an Funktionen ließ sich die Bedienung erheblich vereinfachen – keine geringe Leistung.

Bei ihren Flaggschiffen werfen die Nobelhersteller traditionell alles in die Schlacht. Man will mit Innovationen glänzen, zumindest, bis der Nächste an der Reihe ist. So schrauben sich die Erwartungen bei jeder neuen Generation von Audi A8, BMW 7er und Mercedes S-Klasse (am Rande auch Lexus LS) immer weiter in die Höhe.

Der Paukenschlag beim neuen A8? Die Möglichkeit, autonom nach Level drei zu fahren oder fahren zu lassen – jedenfalls unter bestimmten Fahrbedingungen, sobald die gesetzlichen Bestimmungen dafür getroffen sind und man die Funktion, die dann freigeschaltet wird, auch geordert hat.

Kommandozentrale: auf einen Screen tatschen – oder Wünsche einfach ansagen.
Kommandozentrale: auf einen Screen tatschen – oder Wünsche einfach ansagen.(c) tobiassagmeister/ Werk

Im Testbetrieb mussten wir also durchwegs selbst ins Lenkrad greifen, da war uns der A8 keine Hilfe. Dass das Auto die Straße dennoch kritisch beäugt und vor allem uns nicht über den Weg zu trauen scheint, merkten wir auf unliebsame Weise – so ein Schlenker in der Fahrbahn, bei dem man (ohne Kollisionsabsicht) auf geparkte Autos zuhält, um kurz davor zu lenken: Vollbremsung aus dem Nichts, dazu die Gurtenstraffer aktiviert, dass es einem die Luft aus dem Körper presst.

Ist ja gut, will man dem Auto sagen, sobald sich Herzschlag und Atmung wieder normalisiert haben – wie einem Hund, der dem Nachbarn an die Gurgel will: Gut gemeint, aber ein bisschen Feingefühl in der Lagebeurteilung wäre schon hilfreich.

Abgesenkt

Als Roboterauto kann der A8 vorerst nicht punkten, dafür aber durchaus als konventionelles. Es ist im allgemeinen SUV-Fieber etwas in den Hintergrund geraten, aber der Fahrkomfort einer Oberklasselimousine ist immer noch unübertroffen. Schwebend, dennoch mit firmer Rückmeldung weiß man ein Fahrwerk unter sich, das die Insassen nicht mit Berichten über den Fahrbahnzustand belästigt. Mit Luftfederung ausgestattet, wird die Schwebehöhe laufend angepasst, im Sportmodus und bei Autobahntempo etwa abgesenkt.

Dass das 5,1-Meter-Schiff dennoch so gut in der Hand liegt und flotte Manöver willig ausführt, liegt nicht zuletzt an der Hinterachslenkung, die sich bei größeren Kalibern zunehmend durchsetzt – aus gutem Grund. Um mehr als einen Meter ist im A8 damit der Wendekreis reduziert, auf 11,4 Meter und damit ein Maß, das viele wesentlich kürzere Autos nicht schaffen.

Das 48-Volt-Bordsystem erlaubt den Betrieb als Mildhybrid – statt eines Anlassers wirkt ein Generator, der Energie rekuperieren kann und seinerseits das Tempo im Segelbetrieb zwischen 55 und 160 km/h zu halten vermag. Der V6-Diesel mit 286 PS ist die Wahl mit Augenmaß, 600 Newtonmeter reichen ja durchaus.

Etwas länger ist der A8 geworden, mit einem Hauch mehr Radstand, aber nicht weniger Gewicht. Es ist auch alles an Bord, was einem einfiele, erst recht in unserem Testexemplar, das Extras um 58.000 Euro angesammelt hatte. Schlicht sensationell die Massagesitze, die einen mit bislang nicht gekannter Hingabe durchkneten. Bei aller Fülle an Möglichkeiten bleibt der A8 immer noch ein Auto, vielleicht die bedeutendste Leistung. Die dezente taktile und akustische Rückmeldung der zwei Touchscreens erleichtert die Eingabe, wer nicht tippen will, der spreche frei: „Lenkradheizung, bitte!“ – Antwort: „Die Lenkradheizung ist bereits aktiviert.“ Ach ja, stimmt. Kluges Auto.

AUDI A8 50 TDI

Maße: L/B/H: 5172/1945/1473 mm, Radstand: 2998 mm, Leergewicht: 2050 kg (EG, mit Fahrer), Kofferraumvolumen: 505 Liter

Motor: V6-Zylinder-Turbodiesel, 2967 ccm, Leistung: max. 210 kW (286 PS) bei 3750–4000/min., Drehmoment: max. 600 Nm bei 1250–3250/min

Fahrleistungen: 0–100 km/h in 5,9 sec. (Werksangabe), Vmax: 250 km/h, Testverbrauch: 8,2 l/100 km, Allradantrieb. Achtgangautomatik, Abgasreinigung mit Oxidationskatalysator und SCR

Preis: ab 101.200 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)

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