272 PS und eine Frage: Hat sich die GTI-Idee überlebt?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Facelift des Peugeot 308 GTI offenbart ein Dilemma: Wenn die Giftzwerge ihre Spritzigkeit verlieren, wofür sind sie dann gut?

Es ist zugegebenermaßen fatal, aus einem Elektroauto wie dem BMWi3 direkt in den Peugeot 308 GTI umzusteigen. Dort vollkommen ansatzloses Beschleunigen, sodass es einen auf Wunsch jederzeit in den Sitz drückt, hier, im nach PS weitaus überlegenen Auto mit Verbrennungsmotor: gähnen.

Unter 2700 Touren aufs Gaspedal steigen, das ist, als würde der Motor gar nicht laufen. Genauso gut könnte man auf eine tote Kröte treten. Pardon für den Vergleich.

Der ist zwar technisch gesehen unfair, offenbart aber doch ein Dilemma. Wo GTI draufsteht, sollten eigentlich Spaß und Spritzigkeit drin sein. Doch das war einmal.

Zuerst einmal Luft holen

Das Downsizing – also das Verkleinern der Motoren im Sinn des Spritsparens – einerseits und das unsinnige PS-Wettrüsten andrerseits haben zu Höllenmaschinen wie dieser geführt: 1,6 Liter Hubraum, 272 PS maximale Leistung.

Zweifellos eine beachtliche Literleistung, wenngleich nicht an der Grenze der Möglichkeiten: Bei Mercedes-AMG ist man bei den Vierzylindern schon bei 200 PS pro Liter Hubraum. Derlei gelingt freilich nur mit einem großen Turbolader, der viel Luft braucht.

Das verzögert im Fall des Peugeot die Ansprechzeit bei niedrigen Drehzahlen, wie sie im Alltag nun einmal anliegen.

Ein schneller Sprint, ein spontanes Manöver? Leider nein. Für die Entfesselung der Kräfte muss man schon zurückschalten oder das Gaspedal im Bodenblech versenken – und warten. Geduldig warten. Übrigens schauderhaft der Sportmodus mit Soundgenerator über die Lautsprecher: die akustische Karikatur von sportlichem Klang. Die Schaltung, ein manuelles Sechsganggetriebe, ist okay, wenn auch nicht ausgeprägt knackig oder kurzwegig; der große Alu-Knauf liegt gut in der Hand. Rückmeldung von der Lenkung, die vom Verhältnis zwischen Straßenbelag und Reifen berichten sollte, gibt es keine, fairerweise muss man dazusagen, dass dies für fast alle neuzeitlichen elektrohydraulischen Lenkgetriebe gilt, da holt auch BMW nicht viel mehr raus.

Ist der Lader auf Durchzug geschaltet, geht gehörig die Post ab. Das heißt, wenn die Vorderachse die Leistung aufnehmen kann, wofür es schon ziemlich ideale Bedingungen braucht. Maximale Traktion aus dem Vorderradantrieb herausholen, das haben wir im Honda Civic Type R eindrucksvoller erlebt (bei 320 PS, elastisch und durchzugsstark dargeboten).

Schwerer wiegt, wie man bei brisanter Kurvenfahrt mit diesem Minilenkrad, wie es Peugeot zum Markenzeichen erhoben hat, umgehen soll. Es liegt ergonomisch zu tief und dann doch zu hoch, um die Instrumententafel vollständig ablesen zu können. Nicht, dass es wesentliche Informationen wären, die sich verbergen, aber dass man immer wieder den Kopf recken muss, um alles sehen zu können, stimmt verdrießlich. Doch das betrifft nicht nur den GTI, das ist die Eigenart der Baureihe.

Wohl eine gute Figur würde der 308 GTI bei einem Ausflug auf die Rennstrecke machen, wenn man sich den Reifenverschleiß antun will. Aber das ist nicht die ursprüngliche GTI-Idee von leistbarer, frecher Sportlichkeit, die der 205 GTi in den 1980ern noch zelebrierte. Von der ist der 308 GTI weit entfernt. Er kostet 37.150 Euro. Seine Leistung ist nicht spontan zugänglich. In der Stadt macht ein Prius mehr Spaß, weil der flotter und ohne Gedöns durch die Gassen spurtet. Ein zeitgemäßer GTI hätte nicht 272 PS, sondern ein Drittel weniger – dafür einen E-Motor für den schnellen Punch. Statt kleiner Lenkräder: Zurück zum Ursprung, bitte! (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2018)

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