Nicht ganz so gefährlich

Jaguar E-Pace
Jaguar E-Pace(c) Clemens Fabry
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Jaguar hat mit dem E-Pace einen künftigen Bestseller im Programm. Das Kompakt-SUV, das in Graz gebaut wird, ist freilich nicht ganz so sportlich wie der große Bruder F-Pace.

Es ist eine der großen Erfolgsgeschichten der Autoindustrie. Vor zehn Jahren stand Jaguar vor der Pleite. Ford verschenkte das britische Traditionsunternehmen 2008 mehr oder weniger an den indischen Tata-Konzern. Dieser baute es grundlegend um, ließ den Designern und Ingenieuren viel Spielraum und führt es in Höhen, die man bisher nicht kannte.

2010 verkaufte Jaguar weltweit 51.403 Autos, fünf Jahre später waren es bereits 94.400. Im vergangenen Jahr verdoppelte sich diese Zahl beinahe auf 178.601 Fahrzeuge. Für diese enorme Steigerung gibt es einen einzigen Grund: den Jaguar F-Pace, ein ausgezeichnetes Stadtgeländeauto, das das S in SUV zurückbringt.

Was also macht ein gewiefter Autobauer nach so einem Erfolg? Er macht einen Ableger. Bei Porsche war es der Macan, der mittlerweile deutlich mehr Stückzahlen verkauft als der Cayenne, der einst die Stuttgarter gerettet hat. Bei Jaguar ist es der E-Pace.

Die indischen Briten sind mit ihrem Kompakt-SUV spät dran, das Segment ist mittlerweile recht gut und mit durchaus interessanten Autos besetzt: dem Audi Q3 etwa, dem BMW X1 bzw. dem neuen X2, dem Volvo XC40. Aber keiner von ihnen hat den Raubtierkopf im Logo, und auf ihn legen einige Käufer großen Wert.

Der E-Pace ist kein so ein großer Wurf, wie es der F-Pace vor zwei Jahren war. Er baut auf der Plattform des Range Rover Evoque des Konzernbruders Land Rover auf. Der E-Pace besteht also hauptsächlich aus Stahl, was ihn um etwa 100 Kilogramm schwerer macht (um die 1900 Kilogramm) als den größeren, aber aus Aluminium gefertigten F-Pace. Und das merkt man bei der Fahrdynamik.

Activity Key statt Schlüssel

Wobei der E-Pace jetzt kein behäbiges Auto ist. Das von uns getestete SUV mit 2,0-Liter-Dieselmotor und 180 PS (Verbrauch: 7,8 Liter) ließ sich durchaus agil bewegen. Allerdings können auch der Dynamic-Mode (es gibt noch Schnee, Eco und Normal) und ein relativ straffes Fahrwerk die Physik nicht überlisten. Die beste aller Beifahrerinnen drückte das auf einer Passstraße recht treffend so aus: „Leg dich nicht so in die Kurve.“

Die Länge von 4,4 Metern und der Radstand von 2,68 Metern wirken sich natürlich auf die Platzverhältnisse aus. Man muss sich erst arrangieren, beim Einsteigen stößt zu Beginn stets das rechte Knie irgendwo an. Hinten wird es für Erwachsene etwas eng, für Kinder genügt es. Auch im Kofferraum darf man sich bei dieser Größe keine Raumwunder erwarten. Ein Kollege hat errechnet, dass die Platzverhältnisse nicht viel anders als bei einem Golf sind. Aber darum geht es in diesem Segment nicht.

Zwei Features sind im Testauto herausgestochen: der Activity Key, ein wasserdichtes, robustes Armband, mit dem man das Auto ver- und entsperren kann. Hilfreich, wenn der große Schlüssel nur stören würde (etwa im Schwimmbad oder beim Joggen). Und das Head-up-Display (1260 Euro Aufpreis), das nicht nur die Geschwindigkeit, die erkannten Verkehrszeichen und die Navigation anzeigt, sondern bei halb manueller Schaltung (der E-Pace kommt mit einer Wandlerautomatik mit neun Gängen) auch den aktuellen Gang und die Drehzahl.

Mit der Meridian-Soundanlage und dem Navi ist das SUV gut ausgestattet, was uns fehlte, war eine Sprachsteuerung für die Navigation. Das könnte man sich von einem Jaguar eigentlich erwarten.

Der E-Pace, der wie der neue elektrische I-Pace in Graz gefertigt wird, beginnt bei 37.000 Euro. Mit Allrad und guter Ausstattung nähert man sich den 60.000 Euro an.

DATEN

Länge/Breite/Höhe: 4411mm/1984/ 1649, Radstand:2681 mm.

Gewicht: 1928 Kilogramm.

Motor: 1999 cm3 Vierzylinderdiesel, 180 PS, Vmax.: 205 km/h, 430 Nm bei 1750 U/min, 0–100 km/h: 9,9 sec. Neungang-Wandlerautomatik.

Verbrauch: 5,6 Liter kombiniert, Testverbrauch: 7,8 Liter.

Kofferraum: 577–1234 Liter.

Wendekreis: 11,4 Meter.

Preis: ab 37.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2018)

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