Wenn der Motor abstirbt – mit bester Absicht

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Symbolbild. (c) APA/EXPA/MICHAEL GRUBER (EXPA/MICHAEL GRUBER)
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Start-Stopp-Automatik ist heute fast Standard. Doch wie funktioniert sie – und schadet das nicht?

Es gibt Zeitgenossen, deren Zeigefinger wandert nach dem Drücken des Startknopfs stets direkt zu jener Taste, auf der ein A mit rotierendem Pfeil eingezeichnet ist – denn sie empfinden die Start-Stopp-Automatik, die dadurch deaktiviert wird, als Belästigung. Die meisten Menschen am Steuer haben jedoch nichts gegen die Motorenruhe an der roten Ampel, man hat sich längst dran gewöhnt. Fast alle Neuwagen sind mit dem System ausgestattet, denn es bringt den Herstellern klare Vorteile bei der amtlichen Verbrauchsmessung (und in jedem Fall weniger Lärm- und Schadstoffemissionen).

Wie viel Einsparung im realen Leben möglich ist? Ein Mercedes-Ingenieur nennt uns bis zu acht, neun Prozent Kraftstoffverbrauch im – no, na – Stadtverkehr, sofern die Ruheintervalle mindestens zehn Sekunden dauern. Das System weiß aber nicht, wie lang der Stillstand dauern wird, und kappt Zündung und Treibstoffzufuhr, sobald das Auto angehalten hat, mittlerweile auch schon beim Ausrollen vor der Kreuzung. Die Zahl der Startvorgänge, die ein Motor dadurch mitmacht, steigt erheblich: Von gewöhnlich etwa 50.000 auf bis zu einer halben Million in einem durchschnittlichen Motorenleben. Nagt das nicht am Material?

Frühe Systeme mancher Hersteller, die wir erlebten, waren die reinste Improvisation. Da wurde im Stillstand einfach der Motor abgestellt, und mit Betätigung des Kupplungspedals der ganz normale Starter mit dem Anwerfen beaufschlagt. Das gelang oft nicht auf Anhieb und konnte einen in prekäre Situationen bringen, beim Abbiegen etwa, wenn man nicht schnell genug von der Stelle kam. Man spürte auch förmlich, dass solche Komponenten kein langes Leben erwartete.

Ordentlich installierte Systeme sehen eine spezielle Motorsteuerung vor, die die Kolben exakt so stehenlässt, dass schnellstmögliches Anspringen gewährleistet ist, zudem ist der Startergenerator robuster ausgelegt. Über die Jahre wurde die Start-Stopp-Automatik immer weiter verfeinert.

Die Technologie ist aber insgesamt noch recht jung, sodass bei der Zusatzbelastung an anderer Stelle noch Fragen offen sind. Vor allem bei der Kurbelwelle. Dreht sie sich, ist alles bestens, da sie gut geschmiert in den Lagern rotiert. Bei Stillstand kommt es aber zum Kontakt von Metall zu Metall, und das zeitigt Verschleiß. Die Belastung ist auf der dem Starter entgegengesetzten Seite am höchsten.

Je präziser, hochwertiger ein Motor gefertigt ist, desto eher wird er den Verschleiß auch langfristig verkraften können. Voraussetzung ist die Versorgung mit dem empfohlenen Motoröl – bis wir alle elektrisch fahren, bleibt der regelmäßige Ölwechsel unverzichtbar.

An, aus, An.

50.000 Startvorgänge schätzt man bei einem durchschnittlichen Motorleben ohne Start-Stopp-Automatik.

Bis 500.000 können es mit dieser Spritspartechnik werden – eine erhebliche Mehrbelastung, auf die die Komponenten ausgelegt sein müssen. Bei der Kurbelwelle gilt: Schmieren ist entscheidend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2018)

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