Wie man genügsam auf großem Fuß lebt

An Cornwalls Küste verkehrt er noch, der Eiswagen. Der Range Rover indes bietet einen schmackhaften Mix aus Elektro- und Benzinantrieb.
An Cornwalls Küste verkehrt er noch, der Eiswagen. Der Range Rover indes bietet einen schmackhaften Mix aus Elektro- und Benzinantrieb.(c) Henke
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Droht sich da ein Motor in der Tiefe des Raums zu verlieren? Den ersten Range Rover mit Vierzylinder nach 48 Jahren könnte man als Sakrileg sehen. Dabei empfiehlt sich der Plug-in-Hybrid auf Anhieb als erste Wahl.

Klein wirkt der Range Rover wirklich nur, wenn er neben dem Eiswagen steht wie auf unserem Fotomotiv im englischen Cornwall. Fünf Meter Länge, über zwei in der Breite, und gute 1,83 Meter groß, das ergibt halt eine raumgreifende Statur – auch wenn es die Kunst der Baureihe ist und immer schon war, dabei einen Eindruck von Noblesse und vornehmer Zurückhaltung zu hinterlassen. In dieser Hinsicht steht der Range Rover immer noch allein auf weiter Flur.

Nun auch in einem ganz anderen, zukunftsweisenden Sinn. Denn was sich hier im Motorraum eingenistet hat, braucht wahrlich keine Platzängste zu leiden: ein Vierzylinder mit zwei Liter Hubraum, wo man eher einen V8 oder mindestens Sechszylinder vermuten würde. Das ist allerdings nicht auf die Spitze getriebenes Downsizing, wie es sich oftmals schon als unsinnig erwiesen hat, sondern nur der eine Part – der andere ist ein ans bewährte und bekannte Achtganggetriebe von ZF angeflanschter Elektromotor, der maximal 85 kW leistet und 275 Newtonmeter stemmt, dies auf elektromotortypische Weise schon aus dem Stand. Versorgt wird er von einem 14-kWh-Akku (zum Vergleich: Beim rein elektrischen BMW i3 ist es etwa das Doppelte).

Den Turbovierzylinder kennen wir unter anderem aus dem F-Type – einem Sportwagen, dem er beileibe keine Schande bereitet, es ist eine kräftige, wohlklingende 300-PS-Maschine der neuesten Generation.

Beides ergibt eine Kombination, die dem Auto verblüffend gut ansteht, sich vielleicht sogar als erste Wahl unter den Antriebsoptionen empfiehlt (dergleichen ist beim Porsche Panamera der Fall: Die Mehrheit greift zum Plug-in-Hybriden).

Greifen wir aus dem Bündel an Talenten gleich das Pekuniäre heraus: Dank des freundlichen Normverbrauchs von 3,1 l/100 km (entspricht 72 g CO2/km) ergibt sich ein NoVA-Satz von exakt null Prozent, der den Plug-in-Hybriden zum günstigsten Range Rover im Sortiment macht. Und selbst wenn 404 PS Gesamtleistung zu Buche stehen, fällt Kfz-Steuer nur für die 300 PS des Verbrennungsmotors an, ein Privileg aller Hybriden.

Was den effektiven Verbrauch angeht – da ist viel möglich. Im Sinn von: Es können auch null Liter sein. Wir bewegten das Auto in England und hatten zunächst Mühe, mit den öffentlichen Ladestationen zurechtzukommen (es gibt sie, aber sie brauchen viel Verständnis). Den Großteil der gut 1000 Meilen waren wir mit leerem Stromreservoir, also als klassischer Hybrid unterwegs. Die dabei erzielten 29,5 mpg, etwa acht Liter auf 100 km, sind ein mehr als respektabler Wert für ein Auto der Gewichtsklasse.

Da dreht sich ein Nachteil zuweilen in einen Vorzug: Bei 2,5 Tonnen lässt sich im Schubbetrieb einiges rekuperieren. Über Land und generell bei vorausschauender Fahrweise droht das Bremspedal ernsthaft Staub anzusetzen. Würde man nun täglich zu Hause an Strom kommen, könnte das auch dem Vierzylinder drohen: Nachdem wir das Auto ein Abendessen lang an der Stromtankstelle zurückließen, versprach der Bordcomputer bei 99 Prozent Ladestand 30 rein elektrische Meilen, knapp 50 Kilometer. Diese kann man nun am Stück konsumieren, etwa auf dem alltäglichen Weg vom Speckgürtel ins Innenstadtbüro und wieder zurück, oder portionsweise nach Bedarf, das lässt sich alles vorwählen. Das System ist dabei so ausgelegt, dass stets genug Strom für elektrisches Rangieren vorhanden ist.

Und damit sind wir beim Essenziellen, nachdem reine Spargelüste ja kaum zu einem Range Rover führen dürften: Die Antriebskultur geht mit dem Nimbus der noblen Karosse Hand in Hand. Es ist ein Genuss, sich lautlos und geschmeidig in Bewegung zu setzen, mit dem Gaspedal zu verzögern (und Strom zu bunkern), und generell hängt das Auto durch das permanent voll vorhandene Drehmoment des E-Motors fein am Gas, besser als die großen Maschinen solo. Im Boost-Bereich wird von beiden Motoren alles in die Schlacht geworfen, so kommt man unter anderem auf vorzügliche Sprintwerte und 220 km/h Höchstgeschwindigkeit. In den Fahrleistungen ist der Elektrifizierte beiden Dieseln, V6/V8, überlegen.

Das Szenario für die großen Kisten ist ohnehin festgeschrieben: V8 und V6 werden aussterben und durch künftig quer eingebaute Vierzylinder ersetzt, auf diese Weise ist Platz für noch mehr Elektroanteil.

RANGE ROVER SI4 P400E PHEV

Maße L/B/H 4999/2220 (2073 mm bei Rückspiegel eingeklappt)/1835 mm. Radstand 2922 mm. Leergewicht ab 2509 kg. Ladevolumen 639–1943 Liter.

Motor/Antrieb Verbrennungsmotor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1997 ccm. E-Motor: Leistung max. 85 kW, Drehmoment max. 275 Nm. 14 kWh. Systemleistung max 404 PS, max. 640 Nm bei 1500–4000/min. 0–100 km/h in 6,8 sec. Vmax 220 km/h. Testverbrauch 7,9 l/100 km.

Allradantrieb-Achtgangautomatik.

Preis ab 121.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2018)

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