Renault Espace: Es wäre noch Luft nach oben gewesen

Unter der kurzen Motorhaube verrichten wieder Motoren angemessener Größe Dienst im Renault Espace.
Unter der kurzen Motorhaube verrichten wieder Motoren angemessener Größe Dienst im Renault Espace.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Neue Motoren für den Espace bedeuten eine Abkehr vom Downsizing – und merzen damit einen der Makel des großen Renault aus. Andere verbleiben – und streiten mit den Vorzügen des Autos um die Vorherrschaft.

Der Espace zählt zu den Haudegen der Autowelt, die Baureihe ist seit 35 Jahren auf dem Markt. Der französische Fahrzeughersteller Matra hat das Konzept eines Großraum-Vans („Monospace“) in den 1970ern ursprünglich der PSA-Gruppe angeboten, aber die wollten nicht, so schlüpfte Renault in die Pionierrolle. Nach Anlaufschwierigkeiten feierte der Espace beachtliche Erfolge – der europäische Höhenflug der Minivans ist auch auf ihn zurückzuführen.

Außen nichts Neues, auch innen nicht – was nur optisch in Ordnung geht.
Außen nichts Neues, auch innen nicht – was nur optisch in Ordnung geht. (c) Die Presse (Clemens Fabry)

Die Zeit des Minivans – auf dem Höhepunkt, 1999, setzte Renault in Europa fast 70.000 Espace ab, davon ist man heute sehr weit entfernt – ist allerdings schon länger vorbei. Willkommen in der SUV-Ära! Auch die wird irgendwann zu Ende gehen, doch die Frage ist, ob der Espace dann noch unter uns ist.

Wie bei jedem Erfolgsprodukt lautet die Herausforderung an den Hersteller, es aktuell und relevant zu halten. Damit sind wir bei der fünften Generation, seit 2015 auf dem Markt und sichtlich vom vorherrschenden Fahrzeugtrend geprägt. Ein SUV kann der Espace zwar nicht spielen, aber vom Look des Containers auf (kleinen) Rädern hat er sich doch deutlich abgesetzt. Das Design des 4,86 Meter langen Fünftürers zählt nach unserem Dafürhalten zu seinen Stärken – recht elegant, ansehnlich, jedenfalls frei vom rustikalen und meist lächerlichen optischen Imponiergehabe der Pseudogeländewagen.

Unkistig

Nützt es dem Espace? Zunächst einmal verlor Generation fünf die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug, was das Interesse des Gewerbes bremst. Was uns so gut an ihm gefällt – das Unkistige, trotz der enormen inneren Größe –, führte im Ermessen der Behörde zur Streichung des Steuerprivilegs.

Hinteransicht.
Hinteransicht. (c) Die Presse (Clemens Fabry)

Obwohl wir uns im Jahr vier der aktuellen Generation befinden, hat Renault, wie sonst in der Branche üblich, kaum Wind um das Modell gemacht. Ein großes Facelift ist auch nicht notwendig, denn optisch stimmt alles, aber kleinere Updates hätten wir uns schon gewünscht – vor allem im hübsch eingerichteten Innenraum.

Als Erstes hätte man den Hebel der Automatik in einem Festakt aus dem Cockpit reißen und durch einen neuen, sauber zu führenden und knarzfreien ersetzen müssen. Wenn man sich auch an fast alles gewöhnt – dieses haptisch und funktionell erbarmungswürdige Konstrukt kann einem fast die Laune in diesem an sich feinen Auto verderben. Das Bordsystem, über einen großen Touchscreen zugänglich, ist immer noch langsam und umständlich. Dass der adaptive Tempomat selbst in Prunkversion „Initiale Paris“ Aufpreis kostet, aber unter 40 km/h den Betrieb verweigert, ist ebenso wenig charmant wie der Warnhinweis („Geschwin.unguelt“).

Der billig wirkende Fahrzeugschlüssel hätte ein Redesign vertragen. Und warum lassen sich mit einem langen Druck auf die Verriegelungstaste nicht die Fenster schließen? Nein, man muss wieder an den Fahrersitz und den Motor starten, um rechts hinten zumachen zu können. Aktualisiert hat Renault somit vor allem das alte Klischee, wonach es die Franzosen bei 90 Prozent gern gut sein lassen. Undenkbar wäre solche Lieblosigkeiten bei Škoda oder Kia.

Kleinigkeiten – umso ärgerlicher freilich, als der Espace mit besonderen Talenten aufzufahren weiß. Die schiere innere Größe etwa, so man es beim Fünfsitzer belässt (in einer dritten Reihe haben nur Kinder Platz, und der Kofferraum ist dann fast futsch), schafft Wohnraumatmosphäre. Der Federungs- und Dämpfungskomfort macht Lust auf lange Reisen. Das Fahrverhalten glänzt nicht zuletzt durch die Hinterachslenkung („4Control“), die durch Kurven hilft und das große Auto beim Rangieren gefühlt auf Kompaktformat schrumpfen lässt.

Zudem sind die neuen Motoren ein Gewinn. Vom Irrweg des Downsizing abgekommen, darf als Diesel wieder ein Zweiliter in zwei Leistungsstufen ran. Die schwachbrüstigen, sich in dem nicht gerade leichten Auto aufbäumenden Sechzehnhunderter sind passé. Sie waren ohnehin nur für den alten Emissionsprüfzyklus aufgeboten.

Für souverän ausgespielte 200 PS/400 Nm braucht es ja nicht gleich 3,5-Liter-Sechszylinder, wie sie der Espace früher einmal hatte. Mit deren Gewicht und Verbrauchswerten hätten wir heute keine Freude.

RENAULT ESPACE INITIAL 200

Maße: L/B/H: 4857(korrigiert)/1914/1677 mm. Radstand: 2884 mm. Leergewicht: 1765kg. Ladevolumen: 680–2101 Liter.

Motor: R4-Zylinder-Turbodiesel, 1997ccm. Max. 146 kW (200 PS). Max. 400 Nm bei 1500/min.

0–100 km/h in 9,1 sec. Vmax: 215 km/h. Vorderradantrieb. Sechs-Gang-Automatik. Testverbrauch: 6,8 l/100 km.

Preis: ab 53.695 Euro („Initial Paris“).

Compliance-Hinweis:

Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2019)

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