Sauberer Diesel

Comeback-Kampf des Dieselmotors

Niedrigste Verdichtung aller Diesel auf dem Markt: Mazda3 Sedan Skyactive-D.
Niedrigste Verdichtung aller Diesel auf dem Markt: Mazda3 Sedan Skyactive-D. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Noch nicht ausrangiert: Mazda beweist mit Skyactive-D, dass Diesel sauber, sparsam und sogar lustvoll zu fahren sein kann. Wir führten den Motor im 3er-Sedan aus.

Alle Aufmerksamkeit wird der Elektromobilität zuteil. Dahinter stecken selten konkrete Kaufabsichten, erst recht keine belastbaren Zahlen eines diesbezüglichen Booms, doch das Thema weckt Hoffnungen, dass sich unsere Probleme, im konkreten Fall CO2- und Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs, demnächst in saubere Luft auflösen, wenn nur genug geforscht und entwickelt wird.

Aber die Technologie ist mitunter schon da, sie bringt bloß realistische – also kleine – Fortschritte statt der radikalen Komplettlösung. Und sie trägt zuweilen alte Namen.

Bei Mazda würde man sich wünschen, das Aggregat namens Skyactive-D nicht Diesel nennen zu müssen. Man hält dort den Motor, den wir in der Limousinenvariante des Mazda3 getestet haben, nicht für eine Verbesserung des bestehenden Prinzips, sondern für einen „neuen Verbrennungsmechanismus“, wie ein Ingenieur erklärt. Wir reden noch gar nicht von Mazdas Skyactive-X-Motor, der gerade anläuft und die Vorzüge von Benziner und Diesel verknüpfen soll. Den müssen wir uns erst ansehen, während man über den Skyactive-D schon sagen kann: Der läuft wirklich anders. In dem Fall: besser.

Zunächst die Äußerlichkeiten: Der 3er-Sedan ist die Limousinenvariante des Kompakten, eine erwägenswerte Offerte, wenn Mazda schon den Kombi schuldig bleibt. Bei gleichem Radstand (2725 mm) ist der Sedan 20 Zentimeter länger als der Hatchback (somit 4660 mm), mit deutlich mehr Kofferraum. Das wäre das eine Argument für das Limo-Format.

Verträglicher Klang

Aus anderen Märkten kennt man zwei weitere: Bei Autos mit großer Heckklappe fährt im Winter sofort die Kälte ins Innere, sobald aufgeschwungen. Und eine Heckscheibe ist für einen Einbruch schnell zerdeppert, da muss man am Kofferraumdeckel länger werkeln. Letztlich bleibt es Geschmackssache, der preisliche Unterschied beträgt 300 Euro plus (Sedan: ab 24.290 Euro). Unverändert die Anmutung von Cockpit und Innenraum: elegant, reduziert, ergonomisch 1a; so ganz in Schwarz vielleicht etwas unterkühlt.

Den Kaltstart quittiert der Motor mit einer Leerlaufdrehzahlanhebung, die man so nur von Benzinern kennt. Besser als unwirsches Nageln, mit dem die meisten Diesel den Tag begrüßen. Das Klangbild änderte sich auch nicht bei Alltagsgebrauch und normaler Drehzahl – der Motor hat ein leises, angenehmes Betriebsgeräusch, ganz bestimmt jedenfalls für Diesel. Kriegt man das anderswo allenfalls mit viel Dämmung hin, erstaunt der Mazda-Diesel nachhaltig durch seine Kraftentfaltung. Die geht völlig linear vonstatten, spontan ansprechend, statt mit dem typischen kurzen Turbo-Aufbäumen. Natürlich hat der mit 116 PS (Drehmoment: 230 Nm) auf eine zurückhaltende Leistungsausbeute ausgelegte 1,8-Liter-Vierzylinder einen Turbo, zweifach für niedrige und höhere Drehzahlen, vor allem aber hat er eine extrem niedrige Verdichtung – von allen Dieselmotoren auf dem Markt die niedrigste. Das nähert ihn dem Otto-Prinzip an und erlaubt freies Ausdrehen in höhere Drehzahlen, bis 5500/min gar! Angesichts des späten roten Bereichs wähnt man den Drehzahlmesser eines Benziners – und doch dreht der Diesel, so man will, bis dorthin. Das liegt an wesentlich leichteren Komponenten – Kolben, Pleuel, Kurbelwelle –, was man sich wegen des geringeren Kompressionsdrucks erlauben kann. Ein Auslassventil führt bei Bedarf heiße Abgase zurück in den Brennraum, wo sie während des Ansaugtakts die Temperatur erhöhen. Die gültige Abgasnorm schafft der Diesel allein mit NOx-Speicherkat, ohne teure AdBlue-Chemiefabrik an Bord - gerade im Alltagsbetrieb, wie Mazda betont, und wie wir es bei einer Nachmessung der TU Wien auch bestätigt bekamen.

Wir bilanzierten mit 5,5 Liter/100 km mühelos unterhalb von aktuellen Konkurrenzmodellen. Ein Wert, der sich vielleicht auch mit alten Pumpe-Düse-TDI realisieren ließ, dort allerdings zum Preis verheerender Schadstoffwerte. Saubere Abgase und Sparsamkeit sind nun einmal ein technischer Zielkonflikt beim Diesel, wie er letztendlich zu den bekannten Malversationen (nicht nur) bei Volkswagen führte.

Man sieht aber, dass es Spielraum gibt, und Eigenbrötler wie Mazda nutzen ihn. Insofern fast schade, dass 80 Prozent beim 3er Benziner wählen.

Compliance-Hinweis:

Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2019)

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