Fahrbericht

BMW X7: Wer hat Angst vor dem großen Wagen?

Da wirken selbst 22-Zoll-Räder gerade gut passend: ein Mittelgebirge namens BMW X7.
Da wirken selbst 22-Zoll-Räder gerade gut passend: ein Mittelgebirge namens BMW X7. (c) JAKOB DREWS
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Mit dem X7 rückt BMW das bislang größte Auto der Firmengeschichte ins Sortiment. Das muss sich aber nicht so anfühlen.

Um es gleich zu sagen: Auch Mercedes hat, seit Jahren schon, ein solches Kaliber im Sortiment – den GLS, der mit über 5,2 Metern sogar noch etwas länger ist. Der X7 verkörpert also keine neue Eskalationsstufe auf der Straße, eher ein Nachziehen, das offenbar schon sehnlich erwartet wurde: Zur Jahresmitte, gerade zehn Wochen nach Markteinführung, hatte BMW schon 13.555 Exemplare des X7 ausgeliefert.

Aus Sicht des Autobauers wäre die neue Baureihe damit hinlänglich legitimiert. Bleibt, was man den Aspekt des sozial Verträglichen nennt. Unsere direkte Erfahrung waren freilich gestreckte Daumen, die uns Downtown Wien-Fünfhaus entgegengehalten wurden, was zu dem Schluss verleitet: Bei einer gewissen aufsteigeraffinen Zielgruppe ist die imposante Statur des Wagens geradezu höchst verträglich. Anders in den von Wohlstands-Ennui umwehten Begegnungszonen der Großstadt, wo man sich im X7 vielleicht weniger Freunde macht. Und man darf die Frage stellen, ob ein Fahrzeug mit diesem Platzbedarf, das kein Kleinlaster ist und vermutlich nur selten voll besetzt, dort auch wirklich hingehört.

Imposante Statur, Kühlergrill im XXL-Format: Der X7 ist kein Fall für enge Gassen.
Imposante Statur, Kühlergrill im XXL-Format: Der X7 ist kein Fall für enge Gassen.

Bleibt im Land

Statt das Auto aber sozusagen ethisch zu vermessen, halten wir fest: Der X7 ist der größte BMW, der bislang gebaut wurde, und die wenigsten Exemplare verlassen das Land, in dem sie gefertigt werden (BMW-Werk Spartanburg, USA; für den russischen Markt Kaliningrad). Dazu sollte man wissen: Das über alle Klassen meistverkaufte Auto Nordamerikas ist der Ford F-150, hinter dessen mindestens 5,3 Metern Länge und über 1,9 Metern Höhe sich der X7 fast verstecken kann. Alles eine Frage der Anschauung.

Unbestritten ist der X7 ein technisches Meisterstück. Selten, vielleicht niemals zuvor wurde luxuriöse Ausdehnung, mithin die schiere Masse von annähernd zweieinhalb Tonnen, so behände aufbereitet und umstandslos, fast leichtfüßig fahrbar gemacht. Wer in der Polterkiste eines (übrigens noch schwergewichtigeren) Tesla Model X sitzt, sollte von einer Fahrprobe dringend absehen. Während man vom großen Range Rover das Gefühl des wie von der Fahrbahn entkoppelten Schwebens kennt, bringt der X7 zusätzlich eine dynamische Option ein, die auf gewundener Bergstraße eine für so ein Trumm fast ungehörige Gangart erlaubt.

Kristall-Skulptur mit X7-Hologramm: Technoider Prunk-Barock.
Kristall-Skulptur mit X7-Hologramm: Technoider Prunk-Barock.

Auf einer gestreckten Plattform des X5 fußend, stemmen sich Luftfederung mit automatischer Niveauregulierung auf beiden Achsen, doppelte Querlenker vorn sowie – optional, aber darauf kommt's auch nicht mehr an – Aktiv-Integral-Lenkung (lenkende Hinterachse) und aktive Wankstabilisierung gegen Gewicht und Trägheit, sowieso Allradantrieb mit jeder Menge schlauer Elektronik. Man könnte sich für all das keinen besseren Antrieb vorstellen als den Dreiliter-Sechszylinder aus Steyr, nicht nur, weil es V8 in Europa nicht spielt (in den USA die erste Wahl). In M-Zuspitzung mit nicht weniger als vier Turboladern macht man der Fuhre bei Bedarf gehörig Beine, mit der bekannt famosen Achtgangautomatik als verlässlicher Komplizin. Die passenden Gelegenheiten auf der Fahrt zum Chalet sollten sich schon bieten.

Nach unserm Dafürhalten hat BMW auch stilistisch die Kurve gekriegt; freilich kann man die Nase rümpfen über Manierismen wie die kristallene Skulptur eines Automatikwahlhebels mit „X7“-Hologramm oder den Kühlergrill in der Größe eines amerikanischen Kühlschranks. Technoider Prunkbarock – jedenfalls in kunstfertiger Ausgestaltung und in hochwertigster, manufaktur-artiger Ausführung, wohin man auch sieht und greift. Bentleys Bentayga wirkt wie ein Grufti dagegen. Die logische Steigerung des X7 stammt praktischerweise aus dem eigenen Haus – der Rolls-Royce Cullinan, da liegen sie dann wirklich flach im Fünfzehnten.

BMW X7 M50D

Maße. L/B/H: 5151/2000/1805 mm. Radstand: 3105 mm. Leergewicht: 2535 kg (EU). Ladevolumen: 326–2120 Liter.

Motor. R6-Zylinder-Turbodiesel, 2993 cm3. Leistung: max. 294 kW (400 PS) bei 4400/min, Drehmoment: 760 Nm bei 2000–3000/min.

Wendekreis: 13 m. Allradantrieb. Achtgang-Automatik (Wandler).

0–100 km/h in 5,4 sec., Vmax: 250 km/h.

Testverbrauch: 9,3 l/100 km.

Preis ab 126.550 Euro.

Compliance-Hinweis:

Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2019)

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