Heike Sommer: „Ich stehe meinen Mann“

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Interview. Heike Sommer, neue Geschäftsführerin von Sentup, über die Schwierigkeiten des Aufstiegs in einer klassischen Männerdomäne, über Quotenregelungen und das besondere Gespür von Frauen.

Die Presse: Eine Frage vorweg: Setzen Sie sich selbst ans Lkw-Steuer oder nur an den Schreibtisch?
Heike Sommer: Ich kann Laster fahren, darf aber nicht. Leider habe ich den Lkw-Führerschein nie gemacht, aber vielleicht kommt das ja noch. Früher, wenn sich mein Vater einen neuen Lkw gekauft hat, war es für mich eine Ehre, die erste Runde auf dem Hof zu drehen. Wenn der Hut gebrannt hat, bin ich auch selbst hin und wieder zur Auslieferung gefahren – allerdings mit meinem Pkw, wenn die Ware hineingepasst hat. Heute kümmere ich mich um die klassischen Tätigkeiten eines Geschäftsführers, wobei mein Hauptaugenmerk auf der Kundenbetreuung liegt.

Ist die Transport-Logistik-Branche tatsächlich immer noch männerdominiert, zumindest was die Führungspositionen betrifft, oder ändert sich das Bild?

Männer haben immer noch die Oberhand, aber die Damen sind auf dem Vormarsch. Vor allem bei den Lehrlingszahlen sehen wir, dass immer mehr Mädchen den Beruf der Speditionskauffrau, aber auch der Speditionslogistikerin, wählen. Bei den Berufsweltmeisterschaften 2017, die im Oktober in Abu Dhabi stattgefunden haben, waren die österreichischen Spediteure erstmals durch eine Frau, die Steirerin Sarah Ruckenstuhl, vertreten. Sie errang Bronze. Das ist doch ein sehr positives Zeichen. Auch bei den Euro-skills heuer in Budapest vertritt uns eine Steirerin, Michaela Duzic von Kühne & Nagel.


Woran liegt es, dass Frauen in dieser Branche nur langsam Fuß fassen?

An der Ausbildung liegt es nicht: Die ist in Österreich auf einem sehr hohen Niveau. Eher liegt es an fehlenden Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in den Unternehmen oder auch am fehlenden Mut der Frauen, diese Möglichkeiten einzufordern. Werden Frauen die Aufstiegschancen nicht gegeben, bleiben sie oft trotzdem im Betrieb statt den Arbeitgeber zu wechseln.


Sie haben es aber trotzdem geschafft...

Ja, weil ich meine Karriere selbst in die Hand genommen habe. Ich habe den Beruf der Speditionskauffrau erlernt und wollte nach dem Abschuss in der Disposition arbeiten. Zu jener Zeit war das aber eine richtige Männerdomäne. Zumindest in meinem Ausbildungsbetrieb war keine einzige Frau in diesem Bereich tätig! Aber für rein administrative Tätigkeiten hatte ich diesen Beruf nicht gewählt. Also habe ich das Unternehmen gewechselt. Das nächste Ziel war dort die Abteilungs- und in weiterer Folge die Niederlassungsleitung. Schließlich kam die Landesleitung, und seit nunmehr einem halben Jahr bin ich nach einem weiteren Firmenwechsel bei Sentup als Geschäftsführerin tätig. Freilich musste ich hart daran arbeiten, um diese Ziele umzusetzen – vielleicht sogar härter als Männer, um meine Fähigkeiten zu beweisen.


Gibt es Fähigkeiten oder Eigenschaften, die eine Frau sogar besser als Männer für Führungsaufgaben in der Logistik qualifizieren?

Meine Erfahrung ist, dass Frauen beispielsweise gerade beim Führen von Mitarbeitern ein sehr gutes Gespür haben. Sie können sich in ihr Gegenüber einfühlen und daher auch dessen Reaktionen im Vorfeld gut abschätzen. Dazu kommt: Die Logistikbranche verändert sich derzeit vor allem durch die Digitalisierung, die Globalisierung und das immer rasantere Tempo der Warenflüsse. Ich denke, dass Frauen sehr flexibel, und daher auch in diesen Bereichen offen für Neues sind. Viele Frauen – auch in anderen Branchen – vollbringen ja schon tagtäglich logistische Meisterleistungen, wenn sie beispielsweise Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen.


Heidi Senger-Weiss ist seit 2015 die erste Frau in der „Logistics Hall of Fame“, Romana Steko-Papousek hat 1994 ihr eigenes Transportunternehmen und vor vier Jahren den „Damen Logistik Club“ gegründet: Vorkämpferinnen der Branche?

Ja, gerade im „Damen Logistik Club“ sind sehr viele starke Persönlichkeiten vertreten, von denen man viel lernen kann und die sich gegenseitig bei der Umsetzung von Projekten unterstützen. Ich bin selbst Mitglied und überzeugt davon, dass derartige Plattformen zum Netzwerken sehr wichtig sind.


Werden Sie oft darauf angesprochen, als Frau in einer Männerbranche das Sagen zu haben?

Ja, sehr oft sogar, und ich habe meine Standard-Antwort parat: „Ich stehe meinen Mann!“ Nicht selten werde ich dann gefragt, was ich von der Frauenquote halte. Und meine Haltung ist klar: Quotenregelungen sind Schwachsinn. Denn sie minimieren die hervorragenden Leistungen von Frauen. Wir haben genug Frauen in Österreich, die durch ihre Fähigkeiten und nicht aufgrund von Quoten in Führungspositionen gehören und dort auch Großartiges leisten. Mitunter sind Frauen jedoch sich und ihrer Karriere selbst im Weg, weil sie Selbstzweifel haben. Angelika Kresch, die Gründerin von Sebring/Remus, hat einmal bei einem Netzwerktreffen gesagt: „Wenn Frauen eine Führungsposition angeboten wird, überlegen sie, welche weiteren Ausbildungen sie dafür vielleicht noch benötigen. Männer hingegen stellen sich zuerst die Frage nach dem Verdienst.“ Frauen müssen genug Selbstsicherheit haben, ebenfalls diese Frage zuerst zu stellen.

Zur Person

Heike Sommer arbeitete sich vom Lehrling über mehrere Stationen in verschiedenen Logistik-Unternehmen in Führungspositionen hoch. Zuletzt war die gebürtige Steirerin beim Branchenriesen DHL Freight Austria als Managing Director tätig, vor kurzem wurde sie vom Transport- und Montage-Dienstleister Sentup zur Geschäftsführerin bestellt. Dort koordiniert sie 70 Teams bei Transporten und Montagen in Österreich, Deutschland, Slowenien und der Schweiz. „Nebenbei“ erwarb sie Diplome in der Lehrlings-, Mentoren- und Trainerausbildung. 2016 erhielt sie eine Nominierung bei der Wahl zum Logistik-Manager des Jahres.

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