Der Kampf ums Weihnachtspackerl

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Pünktlich zur Hochsaison der Branche versprechen die Paketdienstleister mehr Qualität und Service auf der letzten Meile. Mit Amazon wird einer der größten Kunden nun zum potenziellen Konkurrenten.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes im österreichischen Onlinehandel tätigt ein Unternehmen: Amazon. Entsprechend viele Pakete versendet der Konzern. Bislang profitierte davon neben anderen Paketdienstleistern vor allem die Post. Aber jetzt steigt der Online-Riese selbst in die Paketzustellung ein. Nicht mit Drohnen, wie einst diskutiert, sondern ganz konventionell: Das eigene Verteilzentrum in Großebersdorf beim Knoten Eibesbrunn ging vor Kurzem in Betrieb.

Amazon hält vorerst den Ball flach: „Wir sind noch in der Aufwärmphase“, sagt Pressesprecher Stephan Eichenseher. Über Großebersdorf sollen nur jene Sendungen auf der letzten Meile verteilt werden, „für die wir sonst keine Kapazitäten bekommen können“. Dem großen Logistikpartner Post wolle man nichts wegnehmen, betont er: „Wir arbeiten mit der österreichischen Post sehr gut zusammen und werden das auch weiterhin tun.“ Bei der Post selbst übt man sich ebenfalls in Gelassenheit. „Wir wurden von Amazon über ihre Zustellpläne vorab informiert und waren somit auf den Start vorbereitet“, erzählt Kathrin Schrammel, Pressesprecherin der heimischen Post. Die Präsenz von Amazon spüre man zwar, meint sie, die Auswirkungen seien aber angesichts des rasant wachsenden Markts überschaubar.

Und der Markt boomt: Von 2016 auf 2017 stieg das Paketvolumen im Konsumentengeschäft laut KEP-Dienste um 24,5 Prozent. Marktleader im B2C-Bereich ist die Post mit einem Anteil von 58 Prozent, an zweiter Stelle ist DHL. Auch dort beobachtet man die Amazon-Aktivitäten gelassen: „Wir sind angesichts des Marktwachstums überzeugt, dass sich das Gefüge auf dem heimischen Paketmarkt vorerst nicht dramatisch verändern wird“, meint Christian Kirchmayer, Head of Commercial bei DHL.

Knackpunkt Kundenservice

Die Nase vorn haben wollen die Paketzusteller mit Service: „Verlässliche und innovative Angebote schaffen Kundenzufriedenheit,“ sagt Kirchmayer. Zumindest verbal übertrumpfen sich die großen Anbieter mit ihren Leistungen für den Kunden. Kirchmayer nennt 2200 Service-Points in Österreich, „das ist das größte Netzwerk an Paketshops und Packstationen.“ GLS weist auf die Dispositionsmöglichkeiten hin, mit denen der Kunde das Paket dorthinleiten kann, wo er es am besten übernehmen kann.

Auch die Post bietet dieses Service. Zudem sollen bis 2021 rund 500 Millionen in Individualisierung und Serviceorientierung investiert werden. Erste Maßnahmen werden heute vorgestellt. Neben verbessertem Eingriff in die Zustellung will man die Postempfangsboxen – 30.000 gibt es bereits – auch für Retoursendungen nutzbar machen. Die Selbstbedienungslösungen sollen mittelfristig verdoppelt werden.

In der Praxis schaut es mit der Qualität der Paketdienste allerdings weniger gut aus. Zumindest laut einem aktuellen Test des VKI im Auftrag der AK Steiermark, bei der auch die Arbeitsbedingungen der Paketboten untersucht wurden. Nur zehn Prozent der Zustellungen gelangen ohne Fehler. Testsieger in der AK-Untersuchung war die Post. Sie verfügt noch aus Monopolzeiten über einen großen Stand an eigenem Personal und setzt laut Schrammel auf der letzten Meile zum Kunden nur zur Spitzenabdeckung Frächter ein. Die Mitbewerber dagegen bringen die Päckchen großteils oder ausschließlich mit Fremdpersonal, und hier herrschen laut AK Steiermark mitunter prekäre Arbeitsverhältnisse.

Stimmt nicht, meinen die Unternehmen. GLS Austria etwa hat kürzlich seine Preise um bis zu fünf Prozent erhöht, wobei laut Geschäftsführer Axel Spörl auch das Thema Fahrer eine Rolle spielt: „Für uns war die Frage: Machen wir den Preiskampf auf Kosten der Qualität und der Fahrer mit, oder erhöhen wir die Preise moderat?“ Für den Konsumenten wird sich die Erhöhung im unteren zweistelligen Centbereich auswirken.

Fahrer fair bezahlen

GLS will damit neben anderen Investitionen auch die Kosten auf der letzten Meile decken: „Wir haben Transportunternehmer im Einsatz, mit denen wir lang zusammenarbeiten, und legen Wert darauf, dass deren Fahrer gemäß Kollektivlohn angemessen bezahlt werden“, betont Spörl.

Auch Amazon – nicht gerade für gute Arbeitsbedingungen bekannt – achtet darauf, dass die Fahrer nicht unter Druck stehen: „Wir zahlen unsere Lieferpartner pro Stunde, damit sie zuverlässig arbeiten können“, erzählt Eichenseher. Wie die anderen Anbieter setzt Amazon in Österreich eine lernende Routenplanung ein, die dem Zusteller helfen soll, möglichst viele Pakete beim ersten Versuch zustellen zu können. Die Software lernt seit dem Start eifrig in Wien. Ob das ein Hinweis sei, dass man die Zustellung noch ausweiten werde? „Wir warten ab, welche Kapazitäten wir von der Post und den anderen Dienstleistern angeboten bekommen, und entscheiden danach, was wir selbst machen“, sagt Amazon-Sprecher Eichenseher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2018)

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