Aromatherapie unter der Lupe

(c) EPA (Altaf Qadri)
  • Drucken

Ätherische Öle: Die Wissenschaft beschäftigt sich vermehrt mit Aromatherapie. Hochwertige ätherische Öle helfen unter anderem gegen Schlafstörungen und Schmerzen.

Wirken ätherische Öle? Oder ist das Ganze nur esoterischer Klimbim? „In richtiger Weise gewonnen, richtig gelagert und richtig angewandt können sie wertvolle Hilfe leisten, wie zahlreiche Studien dokumentieren“, schrieb die Fachzeitung Ärzte-Woche.

„Ätherische Öle wirken sehr wohl, vorausgesetzt, es handelt sich um qualitativ hochwertige Produkte und nicht um gepanschte Billigware“, sagt Dr. Wolfgang Steflitsch, Lungenfacharzt am Wiener Otto-Wagner-Spital und Vorsitzender der österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege.

Duftlampe zum Stressabbau

Der erste und einfachste Wirkmechanismus dieser Öle erfolge über das Riechen. „Der Duft löst Aktionspotenziale auf den Geruchsnerv aus, die Duftsignale erreichen das limbische System, den Hypothalamus, den Thalamus und andere entscheidende Gehirnzentren. Jeder Geruch kann zu Veränderungen im Hirn führen.“

Die Duftlampen, die jetzt wieder Hochsaison haben, wirken laut Steflitsch über das Zentralnervensystem auf alle Funktionen, die davon beeinflusst werden – also etwa auf Gedächtnis, Stressverarbeitung, Stimmung, Schmerzverarbeitung, Schlaf sowie insgesamt auf das unwillkürliche, vegetative Nervensystem (Sympathikus, Parasympathikus) und auf das hormonelle Regulationssystem.

Lavendelöl in Krankenhäusern

Stichwort Schlaf: „In britischen Krankenhäusern, in denen man mit Aromatherapie arbeitet, konnte der Verbrauch von Schlafmitteln um 80 Prozent reduziert werden, nur durch den Einsatz von Lavendelöl“, weiß Marc Kohl von der Académie Aromatique in Wien, die ärztlich geprüfte Aroma-Praktiker ausbildet. Tipps dazu: Ein bis zwei Tropfen Lavendelöl auf ein Taschentuch geben und auf den Kopfpolster legen oder eine Duftlampe ins Schlafzimmer stellen.

Lavendelöl ist eines der bekanntesten ätherischen Öle mit starkem Einfluss auf das Nervensystem. Eine Reihe von Studien wies verschiedene Effekte nach. Unter anderem zeigte sich bei 122 Patienten, die mit Lavendelöl behandelt wurden, eine deutliche Verbesserung der Stimmungslage bei gleichzeitiger Abnahme von Angstzuständen. Es sind unter anderem die Aldehyde im Lavendelöl, die beruhigend wirken.

Weihrauch fürs Gedächtnis

„Schlaffördernd und stressabbauend wirken auch Mandarine, Rose, Bergamotte, Vanille“, sagt Steflitsch. „Allein durch Stressabbau unterstützt man die Leber in ihrer Entgiftungsfunktion und die Nieren beim Ausscheiden.“ Wer riechend sein Gedächtnis unterstützen möchte, nehme Rosmarin, Melisse, Weihrauch oder Zitrusöle.

Der zweite Wirkmechanismus der ätherischen Öle beruht auf der biochemischen Wirkung der vielen Einzelinhaltsstoffe. Im Rosenöl beispielsweise können 600 Verbindungen nachgewiesen werden, jede einzelne besitzt bestimmte physikochemische Eigenschaften.

Ob Inhalation, Bäder, Einreibung, Massage, Wickel, Kompresse – die Inhaltsstoffe können sehr gut durch die Haut eindringen, da die Öle ein sehr geringes Molekulargewicht haben. Im Blut kann man sie schon Minuten nach lokaler Anwendung nachweisen. Bei topischer Applikation werden ätherische Öle meist mit fetten Pflanzenölen verdünnt eingesetzt.

Gegen Entzündungen

Lungenfacharzt Steflitsch: „Mit Inhalationen ätherischer Öle kann ich obere, aber auch tiefe Atemwege erreichen und dort Krankheitserreger direkt vor Ort bekämpfen.“ So könnte man auch gegen Entzündungen vorgehen, die Schleimhaut regenerieren und erreichen, dass Sekrete leichter abfließen. Bei Atemwegserkrankungen seien unter anderem Zitrone, Lemongrass, Thymian, Eukalyptus, Nadelhölzer und Cajeput (ein Myrtengewächs) geeignet.

Kopfschmerzen ließen sich etwa mit Pfefferminz-, Lavendel- oder Melissenöl bekämpfen. „Schläfen, Stirne oder Nacken mit ein paar Tropfen einreiben.“ Einen schweren Migräne-Anfall werde man damit freilich nicht stoppen können.

Wirkung auch gegen Tumore

Weitere ätherische Öle mit nachweisbarer Wirkung auf chronische Schmerzen sind unter anderem schwarzer Pfeffer, Gewürznelken, Weihrauch, Ingwer, Rose, Myrrhe. „Die Anwendung dieser ätherischen Öle erfolgt in der Regel topisch“, schreibt Steflitsch in seinem Buch „Aromatherapie“ (Näheres siehe: „Buchtipps“).

„Einige Bestandteile von ätherischen Ölen besitzen antitumorale Aktivität“, heißt es an anderer Stelle. „Es mehren sich die Hinweise, dass ätherische Öle auch bei Krebs Wirkung zeigen“, so Steflitsch. „Es gibt gewisse Inhaltsstoffe, die im Tierversuch erwiesenermaßen Tumore deutlich schrumpfen ließen.“ Noch sei es viel zu früh, diese Öle nun als neue Krebstherapeutika zu bezeichnen, entsprechende Forschungen seien im Gange. Aber eines könne man schon sagen: „Bei der Prävention von Karzinomen könnten ätherische Öle, in erster Linie Zitrusöle, eine Rolle spielen.“

Unverdünnt gefährlich

Wie man Krebsprävention mit Zitrusölen betreiben könne? „Wie man es gerne möchte, mit Massagen Bädern, Wickeln oder Einreibungen.“ Orale Einnahme sei nur unter Aufsicht eines Arztes anzuraten, „denn auch diese Öle haben Nebenwirkungen“.

Unverdünnt und in hohen Konzentrationen können sie zu starken allergischen Reaktionen, zu Hautreizungen, aber auch zu Verbrennungen und weitreichenden Gewebeschädigungen führen. „In richtiger Dosierung sind sie aber zuverlässig anwendbar und zeigen keine Interaktion mit Medikamenten.“

www.aroma-life.at

www.oegwa.at

WISSEN: Tag des ätherischen Öls

www.aromatique.ccWissenschaftlich gesehen ist Aromatherapie ein spezieller Teil der Phytotherapie, der Pflanzenheilkunde. Sie verwendet ätherische Öle, die aus den verschiedensten Pflanzenteilen gewonnen werden, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern, Beschwerden zu lindern und Krankheiten zu behandeln.

Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Stoffe und bedürfen daher fast immer einer Verdünnung, weil sie sonst für den Körper zu intensiv, manchmal sogar schädlich sein können.

Unter Aromapflege versteht man den gezielten Einsatz ätherischer Öle und fetter Pflanzenöle in der professionellen Gesundheits- und Krankenpflege. Diese Art der komplementären Pflegemethode dient der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens.

Am 3. November findet in Linz-Urfahr im Volkshaus Dornach der „Tag des ätherischen Öls“ statt (ab 8.30 Uhr). Geboten: eine Reihe interessanter Vorträge – von „Gewinnung von ätherischen Ölen“ bis „Qualität ätherischer Öle“. Mitveranstalter ist das Forum Essenzia, ein gemeinnütziger Arbeitskreis zur Förderung und Verbreitung der Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur. Infos: ? 07259/31779, 0676/7242431.

www.forum-essenzia.org

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.