Gift oder Medizin: Öl kann beides sein

Gruene Oliven
Gruene Olivenwww.BilderBox.com
  • Drucken

Olivenöl oder doch besser Kürbiskernöl? Die richtigen Öle können Herz und Hirn schützen, die falschen hingegen gefährlich sein. Gutes und weniger gutes Öl unter der Lupe.

Engelsöle und Teufelsöle – die einen fast so wirksam wie ein Medikament, die anderen ein Gift, das Menschen ins Grab befördern kann. Derlei Aussagen, wie sie Markus Metka, Präsident der Österreichischen Anti-Aging-Gesellschaft, formuliert, sind sicher etwas überspitzt, „aber mit falschen Fetten kann man sich schon umbringen, wenn man sie lange genug konsumiert. Die guten Öle können indes geradezu Arznei sein“, vermerkt Mediziner Metka. Und bedauert: „In Österreich machen Sonnenblumen- und Maiskeimöl rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes aus.“ Diese Öle liefern viele Omega-6-Fettsäuren, die in geballten Ladungen entzündungsfördernd sind. Und diese stillen, heimlich schwelenden Entzündungen, die der Mediziner „silent inflammation“ nennt und die viele von uns unbemerkt mit sich herumschleppen, begünstigen Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Omega-6-Fettsäuren (wichtigster Vertreter ist die Linolsäure) sind im richtigen Verhältnis genossen sehr wichtig und gesund und unter anderem in der Lage, das schlechte LDL-Cholesterin zu senken. Gefährlich und zu Entzündungsbomben werden sie erst dann, wenn man zu viel davon konsumiert und das Verhältnis Omega 6 zu Omega 3 (wichtigster pflanzlicher Vertreter ist die Alpha-Linolensäure) komplett aus der Bahn gerät. Wie immens wichtig dieses Verhältnis für die menschliche Gesundheit ist, haben Wissenschaftler und Mediziner erst vor Kurzem erkannt.

Mit einem Bein im Grab. So manch Fast-Food-verliebter Amerikaner steht mit einem Verhältnis von 50 (Omega 6) zu 1 (Omega 3) mit einem Bein beinahe schon im Grab. Die positive Spitze des Eisberges zeigen japanische Fischer mit einem Verhältnis von 2:1, der Durchschnittsösterreicher liegt mit 20:1 in der Mitte. Aber nicht in der goldenen, denn das ist noch immer zu viel der Sechser-Säure. Wer mit Öl mehr der gesunden Omega-3-Fettsäuren ins Essen und Blut bringen und damit unter anderem Herz, Hirn und Arterien schützen und die gefährlichen stillen Entzündungen einbremsen möchte, kommt um Leinöl nicht herum. Das ist der absolute Star unter den pflanzlich-öligen Omega-3-Quellen und liefert als einziges mehr Omega-3- als Omega-6-Fette. „Leinöl besteht im Schnitt aus 53 Prozent Omega-3-Fettsäuren und zwar Alpha-Linolensäuren“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Eva Unterberger.

Schattenseiten des Leinöls, das neben Omega 3 auch viel Vitamin E hat: Ist die Flasche einmal offen, wird es schnell ranzig. Verwendbar ist das würzig schmeckende Öl ausschließlich in der kalten Küche. „Die langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind sehr hitzeempfindlich“, sagt Unterberger und rät zur haushaltlichen Ölmischung. „Man sollte immer mehrere Öle zu Hause haben, um das gesundheitliche Potenzial voll auszuschöpfen.“

„Auf keinen Fall Rapsöl in der Küche fehlen, denn das ist das beste Öl“, meint Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. Das Verhältnis von Omega 3 zu Omega 6 sei beim Rapsöl mit 1:5 nahezu ideal. Allerdings: Im Handel wird oft raffiniertes Rapsöl angeboten, das preislich zwar günstig, aber gesundheitlich nicht gut ist.

Gut ist auch am gesunden Rapsöl: Man kann es erhitzen, also auch zum Braten, ja sogar zum Frittieren verwenden. „Aber keinesfalls länger als zehn Minuten. Zu langes Frittieren macht aus dem besten Öl ein schlechtes, denn die dadurch entstehenden Oxidationsprodukte sind schädlich für unseren Organismus“, warnt Widhalm. Generell gilt für alle Öle: Bei zu hoher oder auch mehrfacher Erhitzung können gesundheitsschädliche, zum Teil krebserregende Zersetzungsprodukte entstehen.

Darf man eigentlich Olivenöl erwärmen? Ja, sagen die Experten. Die billigeren, raffinierten und gesundheitlich weniger wertvollen Olivenöle kann man sogar bis zu 230 Grad erwärmen, teureres, kalt gepresstes Olivenöl allerdings nur bis 130, maximal 180 Grad. Bei höheren Temperaturen zersetzen sich die gesunden Inhaltsstoffe, die im (kaputt) raffinierten Öl ohnehin kaum vorhanden sind. Apropos „nativ“. Bei kaum einem anderen Öl wird so viel gepanscht und gemixt wie bei Olivenöl und das Etikett „nativ“ ist oft irreführend. Wer Olivenöl „extra nativ“ oder „extra vergine“ kauft, geht einigermaßen sicher. Und darf davon ausgehen, dass dieses Öl aus der Olive wirklich zu 70 Prozent aus hochwertigen, gesunden einfach ungesättigten Fettsäuren besteht, die unserem Körper guttun. Omega-3-Fette hat das Olivenöl allerdings nur ganz wenige.

Noch weniger davon weist das beliebte Kürbiskernöl auf, das andererseits eine gute Quelle für Vitamin E ist. „Aber es ist reich an Omega-6-Fetten, daher würde ich es nicht unbedingt bevorzugen“, sagt Widhalm und rät zum eher sparsamen Gebrauch von Öl aus Kürbiskernen, denen man eine positive Wirkung auf Prostata, Blase und Niere nachsagt.

Das Beste aus der gesunden Küche. Experten-Konklusion: Eine gesunde Mischung ist das Beste, wobei Sonnenblumen- und Maiskeimöl selten verwendet oder mit Leinöl gemischt werden sollten, Kürbiskernöl vielleicht zwei-, dreimal wöchentlich einen Salat würzen könnte und Lein-, Raps- und Olivenöl durchaus täglich auf dem Speiseplan stehen können und sollen. Tipps zum Kochen könnte man sich unter anderem aus dem Buch „Das Beste aus der gesunden Küche. 100 Rezepte für Genießer“ holen. Dieses Buch aus dem Kneipp-Verlag (192 Seiten, 19,99 €) machen Koch Johann Pabst sowie die Ernährungsexperten und Mediziner Ingrid Kiefer, Theres Rathmanner und Michael Kunze zu einer geschmackvollen Mischung aus delikater Küche und schmackhafter Gesundheit.

WISSENSWERTES IM UMGANG MIT ÖL

Warum werden manche Öle im Kühlschrank fest?

Je mehr einfach ungesättigte Fettsäuren ein Öl hat, desto eher wird es im erkalteten Zustand fest. Olivenöl etwa, mit einem hohen Anteil an diesen Fetten, wird im Kühlschrank fest. Leinöl hingegen, das viel mehr mehrfach ungesättigte Fettsäuren aufweist, bleibt immer flüssig.

Soll man kalt oder warm gepresste Öle vorziehen?

Gesünder sind auf alle Fälle kalt gepresste Öle, denn beim Erhitzen gehen wertvolle Inhaltsstoffe (Vitamine, wertvolle Fettsäuren) verloren, das Öl selbst wird geschädigt. Erhitzt werden Öle, weil man damit die Ausbeute erhöhen kann. Wenn auf dem Etikett nicht extra „kalt gepresst“ steht, wird das Öl beim Pressen meist erhitzt.

Woran erkennt man ein minderwertiges Öl?

Auch am Preis, raffiniertes Billigöl ist auch billig, ein hochwertiges ist pro Liter nicht unter zehn Euro zu haben. Raffinierte Öle halten auch viel länger (einige Jahre).

Welche Öle eignen sich zum Braten?

Für Braten und Frittieren bei sehr hohen Temperaturen (ca. 210 Grad Celsius) verwende man nur raffinierte Öle. Kalt gepresstes Oliven- und Rapsöl ist zum Braten bis 180 Grad geeignet.

Omega 3

Gesund. Die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren sind in rund 15.000 Studien bestens untersucht – fast alle belegen die gesundheitlichen Positiva dieser Fette. Sie sind entzündungshemmend, verbessern die Fließeigenschaften des Blutes, schützen Herz und Hirn, haben einen positiven Einfluss auf Blutdruck und geistige Leistungsfähigkeit und senken Cholesterin- und Triglycerid-Werte.

Gegen Krebs. Laut eines kürzlich auf www.gesund.at veröffentlichten Artikels sprechen erste Daten dafür, dass ein ausreichend hoher Omega-3-Fettsäurespiegel im Blut das Risiko für Prostata-, Brust- und Darmkrebs reduziert.

Fische. Vorwiegend enthalten sind Omega-3-Fette in Fischen wie Lachs, Makrele, Thunfisch , Hering, Hier handelt es sich um Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Die in Pflanzen vorkommende Omega-3-Fettsäure heißt Alpha-Linolensäure – daraus kann der Körper EPA und DHA bilden.

Leinöl. Der größte pflanzliche Lieferant von Omega-3-Fettsäuren ist das Leinöl, aber auch Walnuss-, Soja-, Hanf- und Weizenkeimöl sind gute Quellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.