Die Rückkehr der Auslandsösterreicher

(c) Mili Flener
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Tausende im Ausland lebende österreichische Staatsbürger kehren nach Österreich zurück, auch Kinder österreichischer Eltern, die noch nie im Land waren, kein Wort Deutsch sprechen und Unterstützung brauchen.

Wien. „Meinem Vater war es wichtig, dass eines seiner Kinder zurück nach Österreich zum Studieren kommt“, sagt Martha Kahrer, geborene Spitz. Sie ist die jüngste Tochter eines Wiener Juden, dem im Jahr 1938 gemeinsam mit seinem dreijährigen Sohn über Prag die Flucht nach Bolivien gelang. Dort lernte Ferdinand Spitz seine bolivianische Frau kennen. Die beiden bekamen sechs Kinder. Sie alle erhielten die österreichische Staatsbürgerschaft – und zählten fortan zur Gruppe der Auslandsösterreicher.

Auslandsösterreicher – mit diesem Begriff werden jene Österreicher bezeichnet, die sich entweder im Ausland niedergelassen haben, oder als Kinder von österreichischen Eltern im Ausland geboren wurden. Laut Statistik Austria leben rund 400.700 Österreicher im Ausland: 73,6 Prozent davon in Europa, auf den amerikanischen Kontinenten 13,7 Prozent, gefolgt von 4,5 Prozent in Ozeanien, in Afrika leben 4,4 Prozent, 3,8 Prozent in Asien. Allein im Jahr 2009 wanderten 21.067 Österreicher ins Ausland aus. Nicht darin enthalten sind etwa 400.000 ehemalige Österreicher, die die Staatsbürgerschaft ihrer neuen Heimat angenommen und jene Österreichs zurückgegeben haben.

Umgekehrt finden aber auch viele Auslandsösterreicher den Weg in ihre alte Heimat zurück – beziehungsweise in die Heimat ihrer Eltern. Seit 1996 sind rund 229.500 Auslandsösterreicher heimgekehrt, allein 2009 waren es 15.967 Menschen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Einige wollen, dass ihre Kinder in Österreich studieren. Viele wollen ihre Pension in der Heimat verbringen, während sich andere ein besseres Leben in Österreich erhoffen.

Probleme bei der Reintegration

Eine solche Heimkehr läuft allerdings nicht immer glatt. Marta Kahrer etwa kam 1969 nach Wien, ohne ein Wort Deutsch zu können. Denn da ihr Vater in Bolivien Spanisch lernen musste, hatte er es verabsäumt, seinen Kindern Deutsch beizubringen. So musste sie in Österreich einiges aufholen. „Nach meiner Ankunft in Wien habe ich viel ferngesehen und dabei die Sprache gelernt“, erzählt sie. Mithilfe einer Bekannten fing die damals 20-Jährige einige Monate später im Kaiser-Franz-Joseph-Spital zu arbeiten an, ein Jahr später begann sie ihre Ausbildung in der Krankenschwesternschule.

Was heute selbstverständlich scheint, etwa eine eigene Abteilung für Auslandsösterreicher im Außenministerium, oder die Unterstützung der Heimkehrer durch den Auslandsösterreicher-Weltbund, gab es in den Sechzigerjahren nur ansatzweise. Österreicher erhielten Leistungen nur, wenn sie sich im Ausland aufhielten. 1967 wurde der Auslandsösterreicher-Fonds eingerichtet, um Österreichern, die im Ausland in Not geraten, zu helfen. In Österreich bekamen die Heimkehrer hingegen praktisch keinerlei Unterstützung.

Martha Kahrer erinnert sich, dass zu jener Zeit Krankenschwestern aus Jugoslawien im Kaiser-Franz-Josef-Spital aufgenommen wurden: „Sie bekamen Deutschunterricht, ich nicht – weil ich Österreicherin war.“ Sie war ohne Familie und Freunde in Österreich auf sich allein gestellt. „Geholfen hat mir damals niemand. Ich wusste nicht einmal, wo ich alles besorgen konnte und so habe ich Tage ohne zu essen verbracht“, erzählt die pensionierte OP-Krankenschwester, die sich heute der Erforschung ihrer Familiengeschichte widmet.

Da österreichische Staatsbürger, die im Ausland geboren wurden, zur Zielgruppe des „Nationalen Aktionsplans für Integration“ zählen, hat sich mittlerweile vieles geändert. Das Erlernen der deutschen Sprache und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit werden als Grundlagen für erfolgreiche Integration betrachtet, darum organisiert das AMS für Heimkehrer Deutschkurse.

Vermittlung von Stipendien

Die zentrale Anlaufstelle für all diesen Fragen und für die Reintegration ist der Auslandsösterreicher-Weltbund. Er wird vom Außenministerium und von den neun Bundesländern jeweils zu gleichen Teilen finanziert. „Wir machen eine umfangreiche Arbeit, weil wir die Auslandsösterreicher in wirklich allen Bereichen unterstützen. Sei es beim Wahlrecht, der Staatsbürgerschaft und Sozialversicherung, oder was immer sich ergibt“, sagt Generalsekretärin Irmgard Helperstorfer. Neben der Vermittlung von Kontakten und der Unterstützung bei Behördenwegen, vergibt der Weltbund jährlich drei Stipendien an Auslandsösterreicher, damit sie ein Jahr lang in Österreich studieren können.

Auch wenn die Auslandsösterreicher, die wieder in Österreich ansässig werden wollen, vieles selbst organisieren müssen, können sie heute vor allem dann auf Unterstützung zählen, wenn es um rasche Reintegration und die Vermeidung von Anlaufschwierigkeiten geht. Damit sie es leichter haben, als es Martha Kahrer hatte.

Hilfe für Auslandsösterreicher

Der Auslandsösterreicher-Weltbund ist der Dachverband der im Ausland bestehenden Österreicher-Vereinigungen – das sind rund 170 Organisationen. Er entstand 2002 aus der Fusion des „Weltbundes der Österreicher im Ausland“ und des „Auslandsösterreicherwerkes“.

www.weltbund.at

Auslandsösterreicher-Abteilung:Die Abteilung IV.3 des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten hilft in Wahlrechtsangelegenheiten und bei Unterstützungszahlungen, die vom „Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürger im Ausland“ zuerkannt werden.

www.auslandsoesterreicherInnen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2011)

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