Nicht nur Klimaforscher betreiben Lobbying: In den USA haben sich viele Organisationen gebildet, die aktiv PR gegen Klimapolitik betreiben.
Wien/Red./Ku. Vor ziemlich genau drei Jahren war unter Klimaforschern Feuer am Dach: Hacker hatten von einem Server der Climate Research Unit (CRU) der University of East Anglia 1073 E-Mails mit 3485 Dokumenten gestohlen und ins Netz gestellt, die belegen sollten, dass bei Klimadaten und bei der Erstellung von Klimamodellen gemogelt wurde. Schnell war das Wort „Climategate“ geboren – in Anlehnung an den „Watergate-Skandal“, der mit dem Diebstahl von Dokumenten im Washingtoner Watergate-Haus begann und mit dem Rücktritt des US-Präsidenten Nixon endete.
Mittlerweile haben fünf Expertengremien unabhängig voneinander diese Dokumente genau geprüft – alle kamen zu dem Schluss, dass von Fälschung keine Rede sein kann. Wohl wurde durch diese Untersuchungen aber belegt, dass viele Kimaforscher in der Kommunikation zu Übertreibungen und Zuspitzungen neigen. Wie kürzlich ein Artikel in der „Zeit“ enthüllte, sind die Forscher damit aber nicht allein: Seit vielen Jahren sind in den USA PR-Experten unterwegs, um Zweifel an den Ergebnissen der Klimaforschung zu sähen – finanziert u.a. von Ölkonzernen. Eine zentrale Figur dabei ist demnach Marc Morano, der Ende der 1990er-Jahre im Auftrag von republikanischen Kreisen begann, die US-Klimapolitik zu beeinflussen. Mit Erfolg: Die USA haben das Kyoto-Protokoll niemals ratifiziert.
Es entstand eine Reihe von „klimaskeptischen“ Organisationen wie das Nongovernmental International Panel on Climate Change (NIPCC), das Heartland Institute oder das Independent Institute, die kritische Geister versammelten – die allerdings von der Zunft der Klimaforscher nicht ernst genommenen werden. Neben Morano ist der pensionierte Physiker Fred Singer eines der Sprachrohre – er schreibt viele Bücher, hält Vorträge, gibt Interviews.
Diese Organisationen waren etwa beim Angriff auf das „Hockeyschläger-Diagramm“ federführend, das den Einfluss des Menschen auf das Weltklima zeigt. Und auch bei Climategate hatte Morano laut dem „Zeit“-Artikel seine Finger im Spiel: Er sorgte im Herbst 2009 dafür, dass sich die Affäre quasi über Nacht über das Internet ausbreitete – und da kaum jemand die tausend Mails gelesen hatte, war einige Zeit die Interpretation der Kritiker die einzige im Netz und in traditionellen Medien vertretene.
In den vergangenen Jahren werden die PR-Aktivitäten gegen den Klimaschutz auch verstärkt auf Europa ausgeweitet, insbesondere seit der Ankündigung der Energiewende in Deutschland. Fred Singer besucht kommende Woche auch Wien: Am Freitag spricht er auf Einladung des Hayek Forums (18 Uhr, Grünangergasse 1/15-1) über die Energiepolitik in den USA nach den Wahlen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2012)