Knopfleisten als Luxusproblem

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wer extrem kitzlig auf den Fußsohlen ist, reagiert allergisch auf Impulsgeber für einen Kitzelreiz.

Eigentlich kann man sich ja glücklich schätzen, wenn man Zeit dafür aufwenden kann, sich mit so genannten Luxusproblemen zu beschäftigen – keine Sorgen am Arbeitsplatz, keine Privatfehden im Laufen, keine Baustelle vor dem Schlafzimmerfenster. Nein, in den Fokus rücken dann eben Dinge, die auf der Maslowschen Bedürfnispyramide ganz oben auf der Spitze ihrer Bearbeitung harren. Knopfleisten, zum Beispiel. Man glaubt ja gar nicht, wie sehr die polarisieren können. Auf StudiVz gibt es sogar eine eigene Diskussionsgruppe „Die Knopfleiste der Bettdecke muss nach unten!“, in der die Mitglieder darüber lamentieren, wenn Knöpfe oder Reißverschluss am Kinn liegen. Ich wäre nicht ich, sähe ich es nicht genau umgekehrt. Denn wer auf den Fußsohlen extrem kitzlig ist, reagiert in diesem Bereich allergisch auf jeden potenziellen Impulsgeber für einen Kitzelreiz. Ein Luxusproblem, ich weiß. Aber nachvollziehbar, oder?

Immerhin, diese Marotte lebt man wenigstens nicht außerhalb des heimischen Schlafzimmers aus. Andere Eigenheiten werden – zumindest von exzentrischeren Zeitgenossen – auch in die Öffentlichkeit getragen. Wie damals, als ein Freund beim Frühstück in der Blue Box zu Semmel und Marmelade eine Tasse heißes Wasser bestellte. „Es gibt hier keinen Filterkaffee mehr“, erklärte er der Kellnerin, packte seine Jack Wolfskin-Thermotasse mit integriertem Kaffeezubereiter und ein Sackerl mit Kaffeepulver aus. Während seine Begleiter am Tisch sich ein bisschen zu schämen begannen, blieb die Kellnerin völlig unbeeindruckt. Luxusproblem, hm? Nachdem sie das heiße Wasser abgeliefert hatte, zwinkerte sie uns zu: „Ich verstehe das, ich komme auch aus Deutschland.“ Wir haben sie dann trotzdem nicht gefragt, auf welcher Seite der Bettdecke sie die Knopfleisten bevorzugt.


erich.kocina@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2008)

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