Mit nur einem Gott lässt sich keine ganze Woche machen

Gott sei Dank gab es den Polytheismus.
Gott sei Dank gab es den Polytheismus.(c) Clemens Fabry
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Ohne Polytheismus würden wir uns schwer tun, die sieben Tage der Woche zu unterscheiden.

Gott sei Dank gab es den Polytheismus. Sonst müssten wir die Woche wohl in sieben Gotttage einteilen, und das wäre doch unpraktisch. Die alten Römer benannten einst die Tage des Kalenders nach Göttern. Sol, der Sonnengott, bekam den Tag, den wir Sonntag nennen (Dies Solis), dann kam Luna, die Mondgöttin (Dies Lunae), Kriegsgott Mars (Dies Martis), Handelsgott Merkur (Dies Mercurii), Hauptgott Jupiter (Dies Iovis), Liebesgöttin Venus (Dies Veneris) und Saturn (Dies Saturni), der Gott des Ackerbaus. Das gefiel den Germanen so gut, dass sie das System übernahmen. Aber da der Gott des Mondes in der nordischen Mythologie Máni hieß, wurde eben ihm der Tag gewidmet. Das Äquivalent zu Mars ist Tyr (oder auch Tiu). Dem Merkur wurde Odin bzw. Wotan gleichgesetzt. Statt Jupiter griffen die Germanen zu Donar bzw. Thor. Venus wurde durch Frija bzw. Frigga ausgetauscht – statt der römischen Göttin der Liebe kam also die Hüterin des Herdfeuers. Den Saturn ließen die Germanen dafür links liegen – und nannten den Tag Sonnabend. Und die personifizierte Sonne hieß wie bei den Römern Sol.

Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonntag sind also nachvollziehbar. Aber Mittwoch? Nun, etwa im Englischen hat sich der Wednesday gehalten. Im deutschsprachigen Raum aber versuchte die christliche Missionierung, den alten Götternamen zu verdrängen – und verwendete die Bezeichnung für die Mitte der Woche. Rechnen wir nach, merken wir halt, dass der dritte Tag von sieben nicht die Mitte ist – nun, das liegt daran, dass früher die Woche mit dem Sonntag begann. Erst im 20. Jahrhundert wurde der Montag als erster Tag der Woche zur Norm. (Derzeit geregelt laut Standard ISO 8601.) Und der Samstag? Der kam vom jüdischen Sabbat, der den Sonnabend zum Teil verdrängte. Ziemlich abwechslungsreich, oder? Den Göttern sei Dank!

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2019)

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