"Was Österreich is´"? Neues aus dem Land des Murksens

Mehr Not als Lösung: Kassencontainer vor Hofburgportal.
Mehr Not als Lösung: Kassencontainer vor Hofburgportal.(c) Die Presse (Wolfgang Freitag)
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Wie ein notdürftig verbrämter Stahlcontainer vor das Portal der Neuen Hofburg kam.

Was Österreich is'“: Ein Textdichter des 19. Jahrhunderts wie Wilhelm Wiesberg brauchte noch ein ganzes dreistrophiges Wienerlied, um das zu erklären. Dieser Tage genügt ein kurzer Blick Richtung Hauptportal der Neuen Hofburg zu Wien, um alles zu verstehen, was an diesem Land noch zu verstehen ist.

Da findet sich ein notdürftig rot-weiß-verbrämter Stahlcontainer, der, nein, keineswegs das darstellt, was man meinen könnte, nämlich ein bloß temporäres Bauarbeiterdomizil. In seiner vor das Hofburgportal hingemurksten Beiläufigkeit eignet dem bescheidenen Objekt erstaunlicherweise durchaus repräsentativer Charakter: dient es doch als Kassengebäude für das im Hofburginneren installierte „Haus der Geschichte Österreich“.

Nun wissen wir, dass dieses „erste zeitgeschichtliche Museum der Republik“, so das Selbstbild, seinerseits nichts weiter als das Ergebnis schieren Gemurkses ist: mit einer politischerseits vermurksten Entstehungsgeschichte samt vermurkster Standortfindung bis hin zu einer seit vergangenem Herbst zu bestaunenden vermurksten Existenz, deren Hineingemurkstheit in die Hofburg das Container-Gemurkse davor aufs Ehrlichste nach außen sichtbar macht. Murks, weil sich's halt so ergeben hat: wenn das nicht österreichisch ist . . .

Andererseits, werfen wir noch einmal einen Blick auf die Situation: Hier das vors Portal geduckte Kassenprovisorium, dahinter der trotzige Bombast einer sterbenden Monarchie – in welchem dieser Staaten würde ich lieber leben wollen? Ja, es soll Notlösungen geben, die mehr nach Lösung denn nach Not ausschauen. Und ja, ich schätze es sehr, das Erbe der Vergangenheit. Aber deutlich wohler ist mir in meiner zweitrepublikanischen Haut mit den Unvollkommenheiten der demokratischen Gegenwart als mit den pathetisch-absolutistischen Großmachtposen von ehedem.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2019)

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