Thai-Imbiss

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Der thailändische Imbiss meines Vertrauens ist der einzige Ort in Wien, wo ich mich verstanden fühle in Sachen anständiger Schärfegrad.

Der thailändische Imbiss meines Vertrauens ist der einzige Ort in Wien, wo ich mich verstanden fühle in Sachen anständiger Schärfegrad. Es ist nämlich gar nicht so lang her, da hat uns der Kellner in einem türkischen Restaurant vor der „giftigen Schärfe“ unseres bestellten Essens gewarnt, und zwar in der Melodramatik eines Burgtheater-Stücks. Entsprechend angsterfüllt und glücklich waren die ersten Bissen, doch das Gericht war maximal gut gewürzt, mit viel Einbildungskraft leicht pikant vielleicht. Ich kann meine Enttäuschung über diesen angepassten Unsinn gar nicht in Worte fassen, also Thailänder. Im Imbiss meines Vertrauens gibt es eine Theke, hinter der die Köche sich Befehle zuschreien, obwohl sie direkt nebeneinander stehen. Das Essen ist schnell da, irre gut, und man kann ob der Schärfe wunderschön weinen. Außerdem hat der Besitzer einen kuriosen Hund, der aussieht wie eine Käsekrainer mit Pfoten und der gern an den Schuhen der Gäste schnüffelt, nur um sich unzufrieden wieder abzuwenden. Befehle nimmt der Dackel nur dann an, wenn man sie ihm auf Thailändisch zubrüllt. Es ist ein guter Ort.

Meine Liebe zu thailändischem Essen ist grenzenlos. Ich gehe auch gern in thailändische Lokale, wenn ich im Ausland unterwegs bin, ich kenne unsagbar gute Geheimtipps in Berlin und Istanbul, nur an einem einzigen Ort mochte ich das thailändische Essen nicht, und zwar in Thailand. Ich habe wirklich alles ausprobiert: Straßenstand, Lonely-Planet-Empfehlungen, extravagante Restaurants im obersten Stock eines Wolkenkratzers, Kabuffe in Seitengassen, einmal bin ich sogar vor lauter Entdeckungswut in das ebenerdige Wohnzimmer einer Familie reinspaziert und habe mich auf ihre Couch gesetzt, in der irrigen und höchst peinlichen Annahme, dass es sich um eines dieser kleinen Hinterhofimbisse handle (die Familie war jedoch sehr herzig und hat mich auf einen Tee eingeladen). Aber das Essen hat mir nirgends geschmeckt, nirgends! „Ich habe in Thailand abgepackte Maiskolben gegessen“, erzähle ich gern von dieser Reise. Dann lachen alle, im Glauben, ich hätte einen Witz gemacht.

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2019)

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