Vom Maßstab Mensch am Fuß des Roten Bergs

Entwurf von Adolf Loos und Heinrich Kulka: Woinovichgasse 15.
Entwurf von Adolf Loos und Heinrich Kulka: Woinovichgasse 15.(c) Wolfgang Freitag
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Wie man Architekturdenkmäler bewohnbar macht: Ein Besuch in der Werkbundsiedlung.

Kürzlich am Fuß des Roten Bergs, Wien Hietzing. Die Architekten Martin Praschl und Azita Praschl-Goodarzi führen durch ein eben von ihnen saniertes Wohnhaus. Kein x-beliebiges, versteht sich, vielmehr ein Stück Architekturgeschichte: Woinovichgasse 15, Teil der Wiener Werkbundsiedlung, einer Kolonie von Musterhäusern, errichtet Anfang der 1930er unter der Ägide von Josef Frank und unter Mitwirkung in- wie ausländischer Architektenprominenz von Gerrit Rietveld über Hugo Häring bis Josef Hoffmann. „Wirtschaftlichkeit auf engstem Raum“ lautete das Motto, und mehr als 100.000 Besucher kamen im Sommer 1932 an die Wiener Peripherie, um mit eigenen Augen zu sehen, was den 30 Herren und der einen Dame, Margarete Schütte-Lihotzky, dazu eingefallen war.

Seit 2011 wird der im Eigentum der mehrheitlich städtischen Wiener Substanzerhaltungs-GmbH stehende Bestand, 48 der 64 Häuser umfassend, Stück für Stück runderneuert: mit der Idee, im Rahmen des denkmalschützerisch Auferlegten auf Erfordernisse zeitgemäßen Wohnens Rücksicht zu nehmen. So warten auf die künftigen Mieter im Haus Woinovichgasse 15, von Adolf Loos und dem Leiter seines Büros, Heinrich Kulka, verantwortet, nicht nur das erhebende Bewusstsein, ein Architekturdenkmal bewohnen zu dürfen, sondern auch, nur so beispielsweise, moderne Heizung und Umluftanlage. Schließlich sei ja, so Martin Praschl, „die Bewohnbarkeit Grundidee Josef Franks“ bei der Konzeption der Werkbundsiedlung gewesen.

Wie formulierte es Frank selbst 1931? „Modern ist das Haus, das alles in unserer Zeit Lebendige aufnehmen kann und doch dabei ein organisch gewachsenes Gebilde bleibt.“ Und: Die Dimension der Häuser sei menschlich zu bemessen, da „der Maßstab aller Dinge der Mensch sein muss“. Maßstab Mensch? Lang ist's her . . .

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2019)

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