Da lass ich mich reinstechen, wenn wer „im Endeffekt“ sagt

Auch „Hand aufs Herz“ ist schon ein bisschen durch.
Auch „Hand aufs Herz“ ist schon ein bisschen durch. (c) www.imago-images.de (Eloisa Ramos)
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Phrasen, auf die man verzichten könnte. Wer darüber noch nie nachgedacht hat, der lügt.

Am schlimmsten sind im Endeffekt die Menschen, die ständig „im Endeffekt“ sagen, ohne dass dann irgendein Endeffekt kommt. Und eigentlich auch, ohne dass vorher etwas war, was am Ende überhaupt einen Effekt hätte auslösen können. Mühsam sind auch die, die ständig die Gleichung „wer nicht . . ., der lügt“ verwenden. Seien wir uns ehrlich, wem das noch nie auf die Nerven gegangen ist, der lügt. Denn damit verleiht man sich selbst eine Unfehlbarkeit, die in den wenigsten Fällen gerechtfertigt ist, eigentlich sogar nie. (Und seien wir uns ehrlich – bei „seien wir uns ehrlich“ schwingt doch immer mit, dass man einander sonst nicht die Wahrheit sagt. Wobei, seien wir uns ehrlich, wer sagt, dass er immer die Wahrheit sagt, der lügt.)

Ein bisschen ausgelutscht ist auch die Phrase, die gern zum Einsatz kommt, wenn ein in welcher Hinsicht auch immer erfolgreicher Mensch gefragt wird, ob er sich diesen Erfolg auch schon vorstellen konnte, bevor er diesen Erfolg hatte. Also: Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen gewinnen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. (Stellen wir uns das einmal vor: „Hiermit erkläre ich dich kraft meiner natürlichen Autorität für verrückt!“ Auch ein bisschen dings, oder?) Hand aufs Herz, auch „Hand aufs Herz“ ist schon ein bisschen durch. Und Hand aufs Herz, ganz schlimm ist es auch, wenn jemand den Hals reckt, mit dem Finger auf die Schlagader zeigt und „da lass ich mich reinstechen, wenn . . . !“ ausruft. Bisschen sehr melodramatisch, oder? Ich würde das nie sagen, echt, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Andererseits, seien wir uns ehrlich, eine verbrannte Hand hilft im Endeffekt halt auch niemandem weiter. Aber gut, wenn Sie all diese Phrasen trotzdem verwenden wollen, bitte schön. Da will ich mir nicht die Finger verbrennen.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2019)

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