Beim nächsten Mal dann mit leichtem Gepäck

Reisen mit leichtem Gepäck: An diesen Vorsatz, der nie in Erfüllung geht, denkt man, während der tonnenschwere Rucksack und sämtliche anderen Trümmer einen während der Anreise so in Mitleidenschaft ziehen, dass man von der Schlepperei erst einmal drei Tage verspannt ist. Das nächste Mal kommt nur das Notwendigste mit. Ganz bestimmt.

Nach Jahren sorgfältiger Lektüre von Fachzeitschriften scheint klar, wie das mit dem leichten Urlaubsgepäck klappt. Das Notwendigste wird aufs Bett gelegt, Kombinationen und vor allem das Schuhwerk durchgedacht, das Klima am Urlaubsort verinnerlicht. Eine einfache Übung. Der Koffer ist halb leer, es geht ja doch.

Es bleibt ein nagendes Gefühl zurück: Was, wenn ein plötzlicher Kälteeinbruch kommt oder eine Einladung zu einer Gala (beides höchstwahrscheinlich auf einer Insel im Mittelmeer), was tun, wenn die Lektüre ausgeht? Schnell noch einen Pulli ins Gepäck, ein Paar High Heels, zwei Bücher, die seit einem Jahr wohl nicht ohne Grund noch im Zellophan vor sich hindämmern. Dann noch ein Gelsenstecker, die Luftpumpe und ein dicker Notizblock. Wäre ja blöd, alles neu zu kaufen.

Kurz vor der Abreise muss noch einiges ins Handgepäck, falls der Koffer verloren geht. Das kommt ja oft genug vor. Lieber ein Ladegerät zu viel einpacken, als die „Ich hab nur noch zwei Prozent“-Hysterie ertragen zu müssen. Eine Leselampe, weil die Lichtsituation meistens recht bescheiden ist. Sehr gut mitgedacht! Das Minihandwerkerset muss auch mit, weil beim letzten Mal kein geeigneter Schraubenzieher aufzutreiben gewesen ist. (Warum Werkzeug überhaupt notwendig gewesen ist, ist eine andere Geschichte.)

Als vorausdenkender Mensch mit ausreichend Fantasie hat man mit leichtem Gepäck ein tonnenschweres Herz. Als Belohnung dafür, wieder viel zu viel mitgenommen zu haben, packt man lieber vor der Rückreise noch ein paar Steine in den Koffer, um sich noch lang an die unbeschwerte Zeit zu erinnern.

E-Mails an:friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2019)

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