Wenn's kommt, wie es leider keineswegs kommen muss

Gründerzeit trifft Solarenergie: Mariahilfer Straße 182.
Gründerzeit trifft Solarenergie: Mariahilfer Straße 182.(c) Wolfgang Freitag
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Statt Abriss ein Platz auf der Staatspreis-Shortlist: Besuch in der äußeren Mariahilfer Straße.

Es ist eine Ruinenlandschaft, die eine Gasexplosion am Vormittag des 26. April 2014 in der äußeren Mariahilfer Straße hinterlässt: Die beiden oberen Stockwerke und das Dach des Gründerzeithauses auf Nummer 182 sind vernichtet, an einen Wiederaufbau scheint nicht zu denken zu sein – zumal in einer Zeit, in der es zum guten Hausherrnton gehört, selbst ganz und gar intakte Gründerzeithäuser dem Boden gleichzumachen und durch Neubauten zu ersetzen.

Man denke nur daran, was sich im Vorjahr in halb Wien begab: Im April 2018 präsentierte Wiens Stadtregierung Pläne, ab Herbst den Abriss historischer Bausubstanz zu erschweren, worauf wenig später die Abrissbirne durch einschlägige Bestände tobte. Schließlich hatte man – bloß aus Ungeschick? – durch das voreilige Annoncement abrisswilligen Altbaueignern Zeit genug verschafft, ihr Vorhaben baubehördlich auf den Weg zu bringen. Die nach Protesten doch noch eilig vorgezogene Reform konnte nur mehr einen Teil der betroffenen Gebäude retten.

Und in der Mariahilfer Straße 182? Da gingen die Gründerzeit-Dinge von Anfang an einen anderen Gang. Die Eigentümerin nämlich entschied sich zum Wiederaufbau, die Stadt Wien dazu, das Vorhaben nennenswert zu unterstützen. Und so kam es, wie es keineswegs kommen musste: Nicht nur dass die Altbausubstanz erhalten wurde, findet sie sich in wesentlichen Teilen sogar verbessert. Eine neue Erschließung erleichtert den Zugang, Schallschutzfenster und Wärmedämmung fördern die Wohnlichkeit, das Dach liefert nicht nur zusätzlichen Wohnraum, sondern auch Solarenergie. Und selbst an den dieser Tage besonders wertvollen Außensonnenschutz für die Fenster hat man gedacht. Ergebnis: ein Platz auf der Shortlist für den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit. Auch das ist Wien.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2019)

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