Eine Familienwanderung mit Mikrotrauma

Einmal im Jahr fährt die Familie nach Tirol und wandert.
Einmal im Jahr fährt die Familie nach Tirol und wandert.Julia Neuhauser
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Es ist mittlerweile eine gute – wenn auch noch keine alte – Tradition: Einmal im Jahr fährt die Familie nach Tirol und wandert.

Diesmal ging es in Oberperfuss nahe Innsbruck los. Zunächst mit der Seilbahn. Aber keine Sorge: Oben angekommen, gab es noch genügend Höhenmeter zu bewältigen. Drei Stunden wanderten wir hinauf zum auf 2287 Höhenmetern gelegenen Hundstalsee. Es ging über saftige grüne Wiesen, entlang eines Wasserfalls und vorbei an Kühen, Pferden und Schafen. Für unsere Mühen wurden wir reichlich belohnt: Mit einem atemberaubenden Rundblick auf die Tiroler Berge – und einer Kaspressknödelsuppe auf der Inzinger Alm. Doch der Familienausflug war nicht nur idyllisch, sondern auch ein bisschen traumatisch.

24 Kilometer, 43.000 Schritte und sieben Stunden reine Gehzeit waren für meine Beine offenbar zu viel. Beim Abendessen konnte ich mich kaum noch hinsetzen und hoffte, unter meinen Verwandten Leidensgenossen zu finden. Doch das ist mir nicht gelungen. Nur ich habe „gesumst“, wie die Tiroler unter den Mitwanderern mein Jammern nannten, und damit verwunderte Blicke auf mich gezogen. Tatsächlich scheint ein Muskelkater direkt nach der sportlichen Betätigung untypisch zu sein. Meist seien das dann, wie mir Rehabilitationsmediziner Richard Crevenna sagte, „reine Überlastungen sowie Krämpfe, die durch mangelnde Trainiertheit, Elektrolyt- und Flüssigkeitsmangel hervorgerufen werden“. Es hätte für mich schmeichelhaftere Erklärungen gegeben. In der Regel spürt man den Muskelkater erst nach acht bis 24 Stunden. Er entsteht bei ungewohnten Bewegungen und besonders hohen Belastungen. In diesen Fällen tritt eine Mikrotraumatisierung der betroffenen Muskulatur ein. Die Muskelfaser bekommen kleine Risse und in die tritt Gewebewasser ein. Das spannt die Muskelfasern und schmerzt. Den Höhepunkt erreicht der Schmerz nach 24 bis 36 Stunden. Da war der Familienausflug schon wieder vorbei. Vielleicht hörte ich die anderen deshalb nicht „sumsen“.

E-Mails an: julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2019)

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