ÖBB stellen im Osten auf Rechtsverkehr um

oeBB stellen Osten Rechtsverkehr
oeBB stellen Osten Rechtsverkehr(c) Fabry Clemens
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Die Eröffnung des Wiener Hauptbahnhofs wirft ihren Schatten voraus: Heute stellen Süd-, Nord- und S-Bahn auf Rechtsverkehr um. Die Züge kommen dann auf anderen Bahnsteigen an als bisher.

Wer ab 6. August den üblichen Zug der Nord-, Süd- und S-Bahn am üblichen Bahnsteig erwartet, wird ihn verpassen. Denn an diesem Montag werden die genannten Bahnstrecken von Links- auf Rechtsverkehr umgestellt. Die Züge fahren damit von einem anderen Gleis ab, meist vom bisher anderen Richtungsgleis.

Anlass für die Umstellung ist der neue Wiener Hauptbahnhof, bzw. Lainzer Tunnel. Denn durch diese Verbindung von rechtsgeführter West- und Ostbahn und linksgeführter Süd- und Nordbahn wären Gleiskapazitäten abhanden gekommen. Züge müssten vor der Bahnhofseinfahrt Gleise kreuzen, was die Abwicklung der Züge erschweren würde. Fährt alles rechts, können die ÖBB praktische Umsteigemöglichkeiten am selben Bahnsteig schaffen und Gleiskapazitäten sparen. Würden die Züge wie bisher nur teilweise im Rechtsverkehr fahren, würde der Hauptbahnhof rund 30 Prozent seiner Kapazität verlieren, betonen die ÖBB.

Diese Gleiskapazitäten werden ab 9. Dezember bereits schlagend, wenn der Hauptbahnhof erstmals Züge beherbergen wird - vorerst als Regionalbahnhof der Ostbahn. Vier Gleise mit Bahnsteigen und ein Durchfahrtsgleis gehen dann im Hauptbahnhof in Betrieb. Die Schnellbahnen S60 und die S80 werden dann von der Ostbahn kommend via Hauptbahnhof nach Hütteldorf bzw. Wiener Neustadtfahren. Dadurch versprechen sich die Bundesbahnen einen wesentlichen Komfortgewinn, speziell für Pendler.

Längerer Umsteige-Weg am Handelskai

Dafür müssen Pendler aus dem Norden, die in der S-Bahn-Station Handelskai in die Wiener U-Bahnlinie U6 Richtung Süden umsteigen, in den sauren Apfel beißen. Waren bisher aufgrund des Doppelbahnsteigs mit der U-Bahn nur ein paar Schritte nötig um zur U6 zu gelangen, muss man jetzt hinunter in die Halle, um das S-Bahngleis zu queren und so zur U6 zu kommen. "Die Station Handelskai ist die einzige von rund 80 Stationen, wo es für die Kunden ein weiterer Weg ist", betont ÖBB-Sprecher Herbert Ofner gegenüber DiePresse.com. "Es wäre eine Option, vielleicht schon in Floridsdorf umzusteigen", so Ofner. Dort könnte der Weg zur U-Bahn ein wenig kürzer sein. Hier müssen die Fahrgäste vom hoch geführten S-Bahn-Bahnsteig durch die Bahnhofshalle zur unterirdischen U6-Station.

Konkret werden folgende Strecken auf Rechtsverkehr umgestellt:

  • Nordbahn von Wien Floridsdorf bis Bernhardsthal
  • S7 (Flughafenschnellbahn) von Wien Rennweg bis Flughafen Wien Schwechat
  • Pottendorfer Linie vom Wampersdorf bis Wr. Neustadt Civitas Nova
  • Südbahn von Hauptbahnhof Wien bis Payerbach Reichenau
  • Verbindungsbahn von Wien Hütteldorf bis Wien Meidling
  • S-Bahn-Stammstrecke von Wien Meidling bis Wien Floridsdorf
  • Nordwestbahn von Wien Floridsdorf bis Stockerau
  • Laaer Ostbahn von Wien Süßenbrunn bis Wolkersdorf

16 Millionen Euro teurer Gleiswechsel

Die Kosten für die Umstellung betragen laut ÖBB insgesamt rund 16 Millionen Euro. Davon entfallen 13,2 Millionen Euro auf das Legen neuer Gleise ("Überholgleise") in den Bahnhöfen Brunn-Maria Enzersdorf und Baden. Eine Maßnahme, "die aber auf jeden Fall gekommen wäre", erklärt Ofner. 2,7 Millionen Euro kosten noch die unmittelbaren Umbauten an Bahnsteigen wie neue Wartekojen und die Beschilderung.

Kritik an der Umstellung weist Ofner zurück: "Es hätte weitaus mehr gekostet, wenn wir nicht umgestellt hätten." Eine dreistellige Millionen-Summe wäre bei Umbauten für Überwerfungsbauwerke fällig gewesen. Mit diesen wäre ein Spurwechsel durch Brücken  oder Unterführungen möglich, ohne dass Züge dabei ein Gleis kreuzen müssen.

Studie "nicht für die Zukunft gemacht"

Kritiker berufen sich gerne auf ein von den ÖBB in Auftrag gegebenes Gutachtendes Beratungsungernehmens Basler+Partner. Die Studie ist im Dezember 2008 zu dem Schluss gekommen, dass die negativen Auswirkungen bei einer Beibehaltung der derzeitigen Fahrordnung „in Umfang und Anzahl geringer als bei einem einheitlichen Rechtsverkehr“ wären, wie die Gutachter schreiben (Die Presse berichtete). Die Gutachter empfahlen daher eine „Beibehaltung der Fahrordnung wie heute“.

Diese Studie werde jedoch falsch interpretiert, sagt ÖBB-Sprecher Ofner, sie sei "nicht für die Zukunft gemacht worden". Die Planungengehen davon aus, dass weitaus mehr Züge die Strecke beim Hauptbahnhof in Zukunft befahren würden, als damals miteinberechnet wurde, verweist Ofner auf mögliche Trassenkonflikte beim Wiener Hauptbahnhof.

Umstellung bisher peu à peu

In Österreich wurde ursprünglich links gefahren, weil die ersten Bahnstrecken im Gebiet der Monarchie von Eisenbahningenieure aus England geplant wurden, erklären die ÖBB. Von dort brachten sie den Linksverkehr mit. Die Lokführer hätten jedoch ihre Probleme damit gehabt, weil der Heizer samt Kessel links auf Lok waren. Somit war die Sicht auf Signale links von den Gleisen erschwert. Bereits 1909 begann man daher schrittweise mit der Umstellung auf Rechtsverkehr.

Größtenteils wurde bisher im Rahmen von ohnehin notwendigen Modernisierungsarbeiten auf Rechtsverkehr umgestellt, wie Umbauten oder Neubauprojekte. Zuletzt war das im Jahr 1991 der Fall, als der Abschnitt zwischen Wien Westbahnhof und Amstetten auf Rechtsfahren umgestellt wurde. Drei Abschnitte werden auch nach dem 6. August im Linksverkehr geführt:

  • Wien Hauptbahnhof - Stadlau - Süßenbrunn (Umstellung auf Rechtsverkehr ist für 2015 geplant)
  • Franz-Josefs-Bahn (eine Umstellung ist zum derzeitigen Stand laut ÖBB noch ungewiss)
  • Südbahn ab Payerbach-Reichenau über Bruck an der Mur und Graz nach Maribor. In Payerbach-Reichenau müssen die Züge der Südbahn also weiterhin das Gleis wechseln.

Durchsagen und Info-Personal

Die Bahnfahrer werden schon seit geraumer Zeit durch Plakate und Hinweise auf den Zuganzeige-Monitoren auf die Änderungen vorbereitet. Die Ansagen in den Zügen sollen laut Ofner in nächster Zeit verdichtet werden. Vor den Aufgängen wurden am Boden Hinweise aufgeklebt, die anzeigen, in welche Richtung die Züge dieses Bahnsteigs fahren. Zwischen 2. und 8. August soll auch Infopersonal an den meist frequentierten Bahnhöfen dafür sorgen, dass niemand seinen Zug am Umstellungstag verpasst, weil er gewohnheitsgemäß am falschen Bahnsteig wartet.

Auf einen Blick

Am 6. August werden Nord- und Südbahn, inklusive S-Bahn, auf Rechtsverkehr umgestellt. Das ist nötig, da am Hauptbahnhof zukünftig links- und rechtsgeführte Bahnlinien zusammenstoßen würden. Durch die Vereinheitlichung wollen die ÖBB den Bahnkunden bessere Umsteigeverbindungen bieten und Gleiskapazitäten besser ausnützen. So soll der Zugverkehr am Hauptbahnhof und in Meidling effizienter abgewickelt werden können. Für Fahrgäste ändert sich ab diesem Tag der Bahnsteig ihrer gewohnten Züge.

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