Novelle bringt mehr Rechte für Verbrechensopfer

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Die Regierung will nächste Woche beschließen, dass Opfer vom Staat besser entschädigt werden. Es gibt mehr Geld und auch der „Schockschaden" wird verankert.

Wien. Opfer von Straftaten können zwar gerichtlich durchsetzen, dass sie der Täter entschädigen muss. Doch nicht selten ist der Täter mittellos oder verdient nichts, weil er in Haft sitzt. Dann springt der Staat ein. Er zahlt aber nicht alles, sondern nur bestimmte Beträge. Doch diese werden nun erhöht und neue Ansprüche von Opfern eingeführt. Der „Presse" liegen die vom Sozialministerium geplanten Neuerungen im Verbrechensopfergesetz vor, die der Ministerrat am Dienstag beschließen will.

Der jährliche Aufwand für Verbrechensopfer liegt bisher bei 2,9 Millionen Euro. Zusätzliche 800.000 Euro werden nun für die folgenden Neuerungen veranschlagt:

► Kriseninterventionen. Neu ist etwa, dass der Staat bis zu zehn Sitzungen pro Person für sogenannte Stabilisierungsmaßnahmen aufbringen will. Voraussetzung ist, dass die von einem Notfallpsychologen durchgeführte Betreuung des Opfers in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Straftat erfolgt.

► Höhere Entschädigungssummen. Statt zwei wird es künftig vier Kategorien an pauschalen Entschädigungen bei schweren Verletzungen geben. Bei schwerer Körperverletzung werden künftig 2000 oder 4000 Euro, je nach Verletzungsgrad, gezahlt. Hat die Körperverletzung sogar schwere Dauerfolgen nach sich gezogen, gibt es künftig entweder 8000 oder 12.000 Euro vom Staat. Bisher gab es je nach Schadensgrad nur entweder 1000 oder 5000 Euro. Auch der Ersatz von Begräbniskosten (falls das Verbrechensopfer umkam) wird von 2500 auf 3300 Euro erhöht.

► Verankerung von Schockschäden. Von dieser Regelung können Leute profitieren, die nicht direkt von der Straftat betroffen sind, aber psychische Probleme haben, weil sie z. B. das Verbrechen an Angehörigen mitansehen mussten. Auch wer die Nachricht vom Mord an einem Angehörigen schwer verkraftet, könnte Entschädigung fordern. Die Schockschäden wurden im Zivilrecht von der Judikatur entwickelt. Nun wird diese Art des Schadenersatzes auch im Verbrechensopfergesetz verankert.

► Erleichterung für Heimopfer. Vor allem für die „Heimfälle" wird eine Bestimmung aufgenommen, die klarstellt, dass man auch lange zurückliegende Fälle nach den Erziehungsmethoden der Gegenwart beurteilt. Mag also Gewalt in der Erziehung vor Jahrzehnten üblich gewesen sein, so ist bei einer Entschädigung durch den Staat nach heutigem Verständnis zu prüfen, ob ein Delikt verwirklicht wurde. Der Staat musste schon bisher auch dann Hilfe leisten, wenn die Straftat des Täters bereits verjährt ist.

► Fristen und Anspruchsberechtigte. Bestimmte Antragsfristen für Opfer werden von sechs Monaten auf zwei Jahre verlängert.

Obwohl das Gesetz nur für Österreicher (und durch internationale Abkommen gleichgestellte Ausländer) gilt, gibt es künftig für Opfer von Menschenhandel eine Ausnahme. Sie können Geld erhalten, wenn sie eine Aufenthaltsberechtigung erwirken und im Inland wohnen. Der Wunsch der Volksanwaltschaft, dass generell alle durch ein Verbrechen geschädigten Asylwerber Entschädigung erhalten, auch wenn sie ausgewiesen werden, dürfte nicht verwirklicht werden.

Zuletzt erhielten 783 Personen im Jahr eine Einmalzahlung, 137 Leute Geld für einen laufenden Verdienstentgang. Der Staat versucht, das an das Opfer gezahlte Geld später vom Täter zurückzuholen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Jänner 2013)

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