Des Wieners Gefühl für Schnee

Wieners Gefuehl fuer Schnee
Wieners Gefuehl fuer Schnee(c) Fabry
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Keine Landungen in Schwechat, fast flächendeckende Staus in Wien, Unfälle im Minutentakt, Hundertschaften an Einsatzkräften und neue Wärmestuben für Obdachlose: Der Schnee hat Wien im Griff.

Wien/Ag./Cim. Der Schnee kam und Wien stand still. Wie vorhergesagt ist in der Nacht auf Donnerstag ein Mittelmeertief über Österreich gezogen und für Stunden hörte es nicht mehr auf zu schneien. „Es staut sich in ganz Wien“, hieß es vom Autofahrerclub ÖAMTC am Donnerstag. In Geduld üben mussten sich auch die Passagiere der Straßenbahnen und Busse der Wiener Linien – teilweise mit Verzögerungen von einer Stunde und mehr. Eine Garnitur der Linie 49 ist bei der Endstation Hütteldorf-Bujattigasse bei der Umkehrfahrt aus den Gleisen gesprungen, die Touristenlinie „Vienna Ring Tram“ wurde ganz eingestellt.

Auch in Schwechat hieß es für viele Touristen und Reisende: Cancelled. Der Flughafen hat seinen Betrieb aus Sicherheitsgründen Donnerstagmittag teilweise eingestellt, die Landebahn wurde gesperrt, auch etliche Abflüge wurden gestrichen (siehe Artikel unten).

Schneerekord: 50 Zentimeter

Schließlich hat man solche Schneemengen länger nicht gesehen: Bis zu 30 Zentimeter Neuschnee sind im Süden und Osten Österreichs in 24 Stunden gefallen, etwa auf der Rax. Auf der Hohen Warte waren es neun Zentimeter in 24 Stunden. Das ist nicht außergewöhnlich, statistisch sind in Wien laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg) 20 Zentimeter Neuschnee in 24 Stunden alle drei bis fünf Jahre zu erwarten. 30 Zentimeter in 24 Stunden alle 50 Jahre, zuletzt 2005. Die höchste jemals in Wien registrierte Schneedecke war übrigens 50 Zentimeter hoch, sie lag 1941 und 1942.

Für die MA 48 heißt der aktuelle Schneefall: Großeinsatz. 2077 Männer und Frauen in Grell-Orange, 362 Räum- und Streufahrzeuge der „48er“ sowie der Fuhrpark privater Partner waren unterwegs. Auch der Wiener Berufsfeuerwehr beschert der Schnee viel Arbeit. Statt 100 Mal wie an gewöhnlichen Tagen werden die Feuerwehrmänner am Donnerstag 200 Mal zu Einsätzen gerufen, schätzt Presseoffizier Gerald Schimpf, unter anderem, um hängengebliebene Lkw zu bergen. Schwerfahrzeuge hatten vor allem auf den Autobahnen Probleme: Die Außenringautobahn (A21) wurde in der Früh für Lkw über 3,5 Tonnen in Richtung St. Pölten gesperrt. Feuerwehren in Niederösterreich bargen bis zum frühen Nachmittag 260 Fahrzeuge, darunter 125 Lkw, die abgeschleppt werden mussten. Unfälle wurden im Minutentakt registriert, überwiegend blieb es aber bei Sachschäden. In Wien hat sich die Verkehrslage am Nachmittag aber weitgehend normalisiert. Auf Hauptverkehrsrouten gab es laut ÖAMTC keine Behinderungen.

Neue Quartiere für Obdachlose

Besonders hart trifft der Wintereinbruch obdachlose Menschen. Die Wiener Wohnungslosenhilfe hat daher am Donnerstag ein neues, temporäres Tageszentrum in Wien Simmering eröffnet. In der ehemaligen Gesundheitsfürsorgestelle beim Enkplatz finden 60 Obdachlose täglich von neun bis 15 Uhr Platz zum Aufwärmen und Verpflegung. Den Betrieb übernimmt der Arbeiter-Samariter-Bund. Die Nachtquartiersplätze wurden bereits aufgestockt, doch auch tagsüber ist es kalt. „Die Tageszentren wie etwa die JOSI von ,Wieder Wohnen‘ oder die Gruft der Caritas sind stark frequentiert“, erklärte Kurt Gutlederer, der Leiter der Wiener Wohnungslosenhilfe.

Auch die Caritas hat in 13 Pfarren in Wien und Schwechat zusätzliche Wärmestuben eingerichtet, in denen sich die Betroffenen tagsüber aufhalten können. Einige der Quartiere haben schon aufgesperrt, der Rest folgt demnächst. Derzeit werden freiwillige Helfer gesucht.

Entspannung und Sonne in Sicht

Nicht nur in Wien herrscht tiefer Winter. In ganz Österreich hat der anhaltende Schneefall für Verkehrsbehinderungen gesorgt. Laut Zamg ist aber Entspannung in Sicht: Der Schneefall klingt heute, Freitag, in ganz Österreich ab, es kann auflockern. Der Samstag dürfte kalt, aber sonnig werden. Vorsicht aber auf den Bergen: Durch die großen Neuschneemengen und den starken Wind ist die Lawinengefahr zuletzt deutlich gestiegen.

Auf einen Blick

Bis zu 30 Zentimeter Neuschnee in 24 Stunden: Damit ist im Süden und Osten Österreichs außergewöhnlich viel Schnee gefallen. In Wien hat das am Donnerstag zu beinahe flächendeckenden Staus und Verspätungen geführt. Der Flughafen musste seinen Betrieb am Donnerstag einschränken, die Landebahn wurde gesperrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2013)

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