Graz: Vorwürfe gegen Jugendamt

Graz Vorwuerfe gegen Jugendamt
Graz Vorwuerfe gegen Jugendamt(c) MARKUS LEODOLTER / APA / picture (MARKUS LEODOLTER)
  • Drucken

Vergewaltigungen im Heim und Misshandlungen: Die Grazer Vizebürgermeisterin verspricht Aufarbeitung, verteidigt aber Jugendamt.

Graz. „Gibt es noch irgendwelche schwierigen Fälle?“ Diese Frage stellte sich Martina Schröck im Gespräch mit der „Presse“ – mit der Betonung auf „noch“. Erst am 25.Jänner zur Grazer Vizebürgermeisterin gewählt, ist die SPÖ-Politikerin derzeit mit der Aufarbeitung massiver Vorwürfe gegen die Jugendwohlfahrt beschäftigt, für die sie – neben ihren Sozialagenden – nun zuständig ist. Zwei Fälle stehen dabei im Mittelpunkt.

Zum einen soll es in einer betreuten Wohngemeinschaft der Stadt zu Vergewaltigungen gekommen sein. Drei 17-Jährige sollen über Monate hinweg ihre Mitbewohnerinnen regelmäßig vergewaltigt haben. Hinweise darauf hatte es schon im vergangenen Herbst gegeben. Daraufhin wurden die WG-Bewohner befragt. Alle hätten die Vorfälle verneint, so Schröck. Publik wurde der Fall, weil ein zwölfjähriges Mädchen seiner Mutter von den Übergriffen erzählte und diese Anzeige erstattete. Die drei Burschen wurden in Untersuchungshaft genommen, die Mädchen leben auf eigenen Wunsch weiterhin in der WG.

Im zweiten Fall geht es um mutmaßliche Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Zwei Polizisten hatten sich nach einem Einsatz am 9.März in einem Brief an Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) gewandt, darin haben sie den Mitarbeitern des Jugendamts „Untätigkeit“ vorgeworfen: In einer verwahrlosten Wohnung fanden sie eine Mutter mit zwei Töchtern vor. Das neunjährige Mädchen berichtete von Misshandlungen. In der Krankenakte des Mädchens im LKH Graz fanden sich mehr als 200 Eintragungen.

Die Vorwürfe, dass das Jugendamt auf Warnungen und Verdachtsmomente nicht reagiert habe, weist Schröck zurück. Das Amt habe bereits im Juli 2012 die Entziehung der Obsorge für beide Kinder beantragt, das Gericht hätte dies aber abgewiesen. Seit dem 9.März ist das neunjährige Mädchen in der Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz untergebracht. Ihre kleine Schwester lebt weiterhin bei der Mutter. In beiden Fällen laufen nun mehrere Prüfungen, unter anderem von der Staatsanwaltschaft Graz und des Landes Steiermark. Ein Generalrezept, um weitere solcher Vorfälle zu verhindern, habe sie, Schröck, nicht. Klar sei aber, dass man die Fälle aufarbeiten müsse – und überprüfen, ob es weitere Missstände gibt.

Nächstes Thema: Pflegeregress

Abgesehen von den Vorwürfen in der Jugendwohlfahrt beschäftigt Schröck noch ein weiteres Thema besonders stark: Die Steiermark wird bald das einzige Bundesland sein, das den Pflegeregress von seinen Bürgern einfordert. In Kärnten will die neue Dreierkoalition dieses System ja abschaffen, Schröck wünscht sich das auch für die Steiermark. Die Entscheidung liege aber bei der Landesregierung, der ihr Parteifreund Franz Voves vorsteht. „Wenn sich die finanzielle Situation entspannt, dann hoffe ich schon, dass die SPÖ Steiermark sich wieder dahinterklemmt und den Regress abschafft.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.