Auch das FBI und das deutsche Bundeskriminalamt sehen Kampusch-Entführer Wolfgang Priklopil als Einzeltäter. Dass ein „Jahrhundertfall“ nie bis ins kleinste Detail aufgeklärt werden kann, sei nicht überraschend.
Mehr vom Gleichen. So könnte man den Endbericht jener Kommission charakterisieren, die auf Wunsch des Parlaments eingesetzt wurde, um die Entführung von Natascha Kampusch erneut zu durchleuchten. „Wolfgang Priklopil war mit hoher Wahrscheinlichkeit allein.“ Dies erklärte der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke am Montag bei der offiziellen Präsentation des Berichts im Innenministerium.
Die Kommission, der auch Experten des FBI und eben des deutschen Bundeskriminalamtes angehörten, arbeitete seit Herbst 2012 an einer Analyse der bisher in Österreich geführten Ermittlungen. Das Ergebnis ist – erwartet – unspektakulär: Im Wesentlichen werden jene Erkenntnisse bestätigt, die schon im Jänner 2010 von den verantwortlichen Behörden verkündet wurden.
Dass ein „Jahrhundertfall“, wie Ziercke die achteinhalbjährige Gefangenschaft von Natascha Kampusch (März 1998 bis August 2006) nennt, nie bis ins kleinste Detail zweifelsfrei aufgeklärt werden kann, darf auch nicht als große Überraschung gelten. So heißt es in Sachen Einzeltäterthese am Schluss des ersten Bandes des Berichts (Band 2 besteht aus Detailanalysen, beide Bände liegen der „Presse“ vor): „Ermittlungsansätze, die den verbleibenden Rest an Unsicherheit beseitigen könnten, sind nicht erkennbar.“
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Zu den bis zuletzt kursierenden Gerüchten, die Entführung könnte in die Pädophilen- oder in die Sadomaso-Szene reichen, heißt es: Derartige Verbindungen von Priklopil konnten „nicht festgestellt werden“. Auch habe die Kommission, die, laut Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, 10.000 Arbeitsstunden investierte, dabei 84 Befragungen und 18 Lokalaugenscheine durchführte, keine Anhaltspunkte gefunden, wonach der Suizid von Priklopil nur vorgetäuscht worden sei – der Entführer aber in Wahrheit bereits tot oder betäubt auf die Schienen des Zuges gelegt worden sei. Und jene Zeugin, die beim Zugriff auf das Opfer zwei Männer gesehen haben will, müsse sich „geirrt“ haben.
Empfehlungen: Bei Verbrechen mit „hohem Hinweisaufkommen“ solle es ein besseres Hinweismanagement geben. Heikle Zeugenaussagen sollten künftig per Videoaufnahme dokumentiert werden. Anderl versprach zudem, dass ein „Kompetenzzentrum für Abgängige“ eingerichtet werde.
Wird nun Ruhe einkehren? Wohl kaum. Zu viele Menschen haben im Fall Kampusch längst ihre eigene Theorie.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2013)